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Facebook und die Nutzer: Teilweise sinnvolle Änderungen mit Beigeschmack
Als ich heute Morgen die E-Mail von Facebook im Postfach vorgefunden habe, war mir sofort klar: Darüber muss ich heute schreiben, das wird durch die Blogs gehen. Und genau so ist es gekommen, nennt mich Hellseher. Die Tagesschau titelt etwas reißerisch „Facebook will Mitspracherecht der Nutzer kippen“. Cashy betrachtet das Thema auf Stadt-Bremerhaven dagegen sachlicher. Die aufflammende Empörung ist zwar verständlich – die neuen Richtlinien könnten Werbern das Leben wirklich leicht machen – doch objektiv betrachtet gar nicht mal so berechtigt.
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Die vorgeschlagenen Änderungen
Denkt bei allen folgenden Punkten bitte daran: Die Änderungen sind aktuell von Facebook lediglich vorgeschlagen, Nutzer haben noch bis zum 28. November 2012 Zeit, ihren Kommentar dazu abzugeben und zu widersprechen. Letzteres tut ihr dann bitte auf der Facebook Site Governance und nicht unter den Posts anderer Seiten zu diesem Thema.
Die E-Mail von Facebook beinhaltet konkret folgende Punkte:
- Neue Produktbezeichnungen
- Tipps für die Chronik-Verwaltung
- Erinnerung und Hinweise zur Sichtbarkeit von Informationen
- Neue Verwaltungsfunktionen für Nachrichten
- Abschaffung des aktuellen Abstimmungsverfahrens
- Änderung der Datenverwendungsrichtlinien
Während die ersten drei Punkte als reine Information und Kundenservice verstanden werden können, entzündet sich an den drei letzten der Protest. Die „neue Verwaltungsfunktion für Nachrichten“ soll konkret so aussehen, dass Nachrichten bestimmter Empfänger nicht mehr vollständig blockiert werden können. Stattdessen soll es neue Filter geben, die eine bessere Sortierung der Nachrichten erlauben.
Um den vorletzten Punkt zu verstehen, muss man sich zuerst das aktuelle Abstimmungsverfahren vor Augen führen. Dieses entstand als Reaktion auf die Vorschläge – ich würde es eher Vorgaben nennen – der irischen Datenschutzbehörde. Änderungen der Datenschutzbestimmungen oder AGB muss Facebook in diesem System seinen Nutzern zur Abstimmung vorlegen. Eine solche Abstimmung kann auch durch Nutzer initiiert werden, wenn 7.000 Kommentare zu einem bestimmten Thema zusammenkommen. Das Problem: Damit das Abstimmungsergebnis bindend wird, müssen sich 30 Prozent der Facebook-Mitglieder daran beteiligen. Liegt die Beteiligung darunter, setzt Facebook die Änderungen in Kraft. Bei mehr als einer Milliarde Mitgliedern sind diese 30 Prozent fast unmöglich zu erreichen.
Teilweise sinnvolle Änderungen
Aus genau diesem Grund halte ich die vorgeschlagenen Änderungen teilweise für sinnvoll. Das Abstimmungsverfahren ist schon jetzt eine reine Farce und wird nur pro forma durchgeführt. Facebook will dieses Verfahren abschaffen und dafür neue Informationskanäle – beispielsweise Webcasts und Frage-und-Antwort-Runden – einführen.
Die Änderung bei der Nachrichtenverwaltung sehe ich jedoch deutlich kritischer, denn hier wird Werbern potentiell Tür und Tor geöffnet. Spam- und Nerv-Potenzial: enorm hoch. Die Änderung der Datenverwendungsrichtlinien überrascht mich zwar nicht, ist jedoch der aus meiner Sicht kritischste Teil. Facebook will seinen Tochterunternehmen – beispielsweise Instagram – Zugriff auf die Facebook-Nutzer-Daten ermöglichen. Versteht mich nicht falsch: Google handhabt das seit Jahren so, daher war diese Veränderung früher oder später zu erwarten. Begeistern muss sie mich deshalb nicht.
Protest
Natürlich regt sich gegen die Änderungen scharfer Protest. Auf der Seite Our-Policy.org gibt es einen alternativen Änderungsvorschlag. Kommen bis zum 28. November 2012 7.000 Kommentare zusammen, muss über diese Alternative abgestimmt werden. Wer sich beteiligen will, sollte sich auch die Zeit nehmen, den alternativen Entwurf und die simple Anleitung auf der Seite durchzulesen. Klar ist jedoch: Sollte die Bestimmung zu Stande kommen, müssten sich auch hier 30 Prozent der globalen Facebook-Nutzerschaft. Die Chancen könnt ihr Euch ausrechnen.
Ach ja: Bevor ihr postet, lest Euch bitte auch die Änderungen im Original durch, diese findet ihr hier:
Erklärung der Rechte und Pflichten
Fazit und Kommentar
Meine persönliche Meinung? Die Abschaffung des Abstimmungssystems ist sinnvoll, die weiteren Änderungen sind zwar aus Nutzersicht nicht positive, waren aber zu erwarten. Facebook steht allen Nutzern scheinbar kostenlos zur Verfügung. Bitte erzählt mir nicht, dass ihr dieses „kostenlos“ wirklich geglaubt habt! Natürlich zahlen alle Nutzer mit ihren Daten, natürlich hat Facebook vollen Zugriff auf alles, was ihr jemals eingestellt habt und natürlich wird das Unternehmen versuchen, daraus maximalen Profit zu schlagen. Das ist nicht schön aber die Realität.
Facebook war und ist keine gemeinnützige Einrichtung der Heilsarmee sondern ein profitorientiertes Wirtschaftsunternehmen. Es ist die Verantwortung jedes einzelnen Nutzers, sich darüber im Klaren zu sein und bewusst zu steuern, was er oder sie einstellt und wer diese Inhalte sehen kann. Die Änderungen werden uns garantiert noch lange in den Medien begleiten und deutsche Datenschützer werden – völlig berechtigt – auf die Barrikaden gehen. Dennoch gilt der alte Spruch:
Wenn du nichts für das Produkt zahlst, bist du das Produkt.
Und ganz ehrlich: Wer bisher naiv genug war, das nicht zu realisieren, sollte spätestens jetzt aufwachen.
Kommentare zu diesem Artikel
[…] Unternehmen, dass irgendwie an ein Engagement in den Social Media denkt, zieht sofort seine eigene Facebook-Fanpage auf – oft sogar noch vor einer eigenen Homepage. Warum ich Letztere allerdings für […]