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22.02.2012 Von: Christian Müller Lesedauer: 5 Minuten

Kommunikationsdefizit – Mangelnde Öffentlichkeitsarbeit im Sozialbereich

Das geflügelte Wort „Tue Gutes und rede darüber“ ist haben die meisten schon einmal gehört. Für Öffentlichkeitsarbeiter und PRler ist dieser Satz praktisch die Überschrift, unter der Ihre Arbeit steht. Sicher, es gibt auch Negativ-Beispiele bei denen Schlechtes nur gut verkauft wird, doch gute Öffentlichkeitsarbeit braucht immer gute Leistungen und gute Ergebnisse als Basis. In keinem Arbeitsbereich sollte der eingangs erwähnte Satz so selbstverständlich sein wie im Sozialbereich. Denn fast alle Aufgaben und Tätigkeiten in diesem Bereich haben das Ziel, benachteiligte und hilfsbedürftige Menschen auf die eine oder andere Art zu unterstützten und ihnen ein möglichst selbstbestimmtes und erfülltes Leben – in manchen Fällen auch das Überleben – zu ermöglichen. Eine optimale Basis für Öffentlichkeitsarbeit, so scheint es. Doch der Schein trügt, denn der Sozialbereich hat ein massives Kommunikationsdefizit und eine mangelnde Öffentlichkeitsarbeit.

Moment mal, wie passt diese Behauptung denn zu der Vielzahl an Plakaten und Fernsehspots von Unicef, Aktion Mensch, Brot für die Welt und anderen Hilfsorganisationen? Wird diese These nicht allein durch die Artikel von Pflegeheimen und Kindergärten entkräftet, die immer wieder in Zeitungen und Wochenblättern erscheinen? Keineswegs, denn ich behaupte ja nicht, dass es keine Öffentlichkeitsarbeit gäbe. Diese hat jedoch noch viel Potential – um es freundlich zu formulieren. Die Ausrichtung und erste Maßnahmen sind bei vielen Einrichtungen bereits vorhanden. Zeitungen und Wochenblätter sind für Pflegeheime, Kindergärten, Werkstätten für behinderte Menschen und andere Einrichtungen wichtige Publikations- und Kommunikationsplattformen, keine Frage. Doch bevor nicht die grundlegenden Probleme des Sozialbereiches mit der Öffentlichkeitsarbeit gelöst sind, kämpfen Öffentlichkeitsarbeiter auf verlorenem Posten.

Das grundsätzliche Misstrauen

Ein Teil diese Problems ist ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Öffentlichkeitsarbeit. Dieses erklärt sich aus der Ausbildung und den Berufsbildern der sozialen Berufe. Egal ob examinierte Pflegekraft, Heilerziehungspfleger, Sonderpädagoge, Sozialpädagoge, Pflegehilfskraft, Erzieher oder Betreuungskraft, allen wird in während der Ausbildung oder dem Studium ein Berufsbild vermittelt, dass den Bewohner, Patienten oder Betreuten in den Mittelpunkt stellt. Die gesamte Wissensvermittlung und alle Kenntnisse sind darauf ausgerichtet, bestmögliche Hilfestellung bieten und den Menschen unterstützen zu können. Das ist sinnvoll und notwendig, doch gleichzeitig klingt in vielen Ausbildungen und Studiengängen eine Abneigung gegen Arbeiten mit, die nicht direkt mit dem Menschen zu tun haben. In diese Kategorie fällt natürlich auch die Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kommt, dass viele Mitarbeiter im Sozialbereich ein Klischee und Vorurteil beladenes Bild von PRlern haben. Das klassische Klischee ist Ihnen sicherlich auch bekannt: Glatt und perfekt gestylt beschreibt der PR-Mitarbeiter die hässliche Realität mit wunderschönen Worten, bis alle Zuhörer die schlimmen Missstände vergessen haben. Zugegeben, das Bild ist etwas überspitzt, doch im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass PR-Mitarbeiter viel reden und doch nichts sagen. Vor allem sind sie nicht vertrauenswürdig, denn irgendwie verheimlichen immer etwas mit Ihre geschliffenen Formulierungen. Sicher haben nicht alle Mitarbeiter im Sozialbereich dieses Bild, Ausnahmen gibt es immer. Doch viele misstrauen PRlern grundsätzlich, was sicher auch damit zusammenhängt, dass die allermeisten die Arbeit im PR-Bereich überhaupt nicht kennen. Dieses grundsätzliche Misstrauen ist übrigens einer der Gründe, warum ich den Begriff des Öffentlichkeitsarbeiters gegenüber dem des PRlers bevorzuge.

Fehlendes Verständnis

Ein weiterer – vielleicht noch wichtigerer – Grund für das Kommunikationsdefizit ist das fehlende Verständnis der Mitarbeiter für die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit. Von – sehr wenigen – Ausnahmen abgesehen erlebe ich immer wieder, dass Mitarbeiter im Sozialbereich auf die Frage „Wie macht Ihr eure Arbeit denn bekannt?“ nur mit einem Schulterzucken reagieren. Öffentlichkeitsarbeit wird bestenfalls als nette Ergänzung, oft jedoch als lästig und anstrengend empfunden. Richtig ist, dass Öffentlichkeitsarbeit die eigentliche Sozial-, Pflege- und Betreuungsarbeit unterstützen sollte. Persönlich sehe ich die Öffentlichkeitsarbeit im Sozialbereich als wichtige Ergänzung, Unterstützung und Zuarbeit für die Mitarbeiter in der praktischen Sozialarbeit. Das ist logisch, denn ohne gute Arbeit in Pflegeheim, Krankenhaus, Kita oder Jugendeinrichtung hat die Öffentlichkeitsarbeit keine Grundlage. Doch das bedeutet nicht, dass sie weniger wichtig wäre als die Arbeit direkt am Klienten. Denn ohne eine gute Öffentlichkeitsarbeit ist es – bei dem heute herrschenden Konkurrenzkampf der sozialen Einrichtungen untereinander – sehr schwer bis unmöglich, dauerhaft wirtschaftlich zu arbeiten und genug Klienten und Rückhalt in der Gesellschaft zu finden.

Den Aspekt der Wirtschaftlichkeit bringe ich hier ganz bewusst ein, denn das wirtschaftliche Denken ist vielen Mitarbeitern im Sozialbereich fremd. Dennoch ist wirtschaftliches Arbeiten unbedingt notwendig, wenn die Einrichtungen und deren Hilfsangebote dauerhaft bestehen sollen. Wenn eine Einrichtung auf Grund unwirtschaftlicher Arbeitsmethoden schließen muss, fallen auch die Hilfsangebote für die Klienten weg. Zudem sind dann auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter bedroht oder werden gestrichen. Dieser Zusammenhang ist den meisten Mitarbeitern nicht bewusst. Öffentlichkeitsarbeit allein kann die Arbeitsplätze zwar nicht sichern, leistet jedoch einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit einer sozialen Einrichtung.

Die gesellschaftliche Wertschätzung

Die Klagen über schlechte Löhne, zu lange Arbeitszeiten und eine generelle Arbeitsüberlastung im Sozialbereich und speziell in der Pflege tauchen jedes Jahr auf’s Neue in den Massenmedien auf. Und auch wenn sich hier in den letzten Jahren einiges positiv verändert hat und die Veränderungen in die richtige Richtung gehen, Fakt ist: Soziale Berufe sind gesellschaftlich längst nicht so akzeptiert und erhalten nicht die Wertschätzung, die sie verdienen. Denn soziale Berufe unterstützten nicht nur hilfsbedürftige Menschen, sie stabilisieren durch das Engagement der Mitarbeiter auch unsere gesamte Gesellschaft und das zu Grunde liegende Sozialsystem. Interessanterweise beklagen die meisten Mitarbeiter in sozialen Berufen die Missstände, können dann jedoch die Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit, die den Wert der Arbeit hervorhebt und die Leistung der Mitarbeiter sichtbar macht, nicht nachvollziehen.

Die Reise muss fortgesetzt werden

Eingangs hatte ich bereits erwähnt das der erste Schritt hin zu einer guten Öffentlichkeitsarbeit im Sozialbereich bereits getan wurde. Um im Bild zu bleiben: Der erste Schritt ist getan, jetzt muss die Reise fortgesetzt werden. Dazu gehören Schulungen der Mitarbeiter, eine transparente Kommunikation zwischen Öffentlichkeitsarbeit und den Mitarbeitern der sozialen Berufe, Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeiter – und Arbeiterinnen, versteht sich – durch die Leitungsmitarbeiter und Entscheidungsträger der Einrichtungen und Kostenträger im Sozialbereich. Es gibt natürlich auch andere wichtige Baustellen im Sozialbereich, doch ohne intensive Öffentlichkeitsarbeit werden sich die grundlegenden Bedingungen im Sozialbereich nicht verändern.

Porträt Christian Müller

Christian Müller

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Christian unterstützt als Kommunikationsberater Soziale Einrichtungen, Bildungsträger, KMU und Start Ups auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Mit seinen Kunden entwickelt er Kommunikationsstrategien, schult Mitarbeiter und hilft dabei, die nötige Kompetenz inhouse aufzubauen. Das Ziel: Die individuell wichtigen Menschen zu erreichen, Gespräche zu initiieren und tragfähige (Kunden) Beziehungen aufzubauen.

Kommentare zu diesem Artikel

[…] Ich schreibe über Social Media, berate Unternehmen zum richtigen Einsatz von Social Media in deren Kommunikationsstrategie – NICHT Werbestrategie (!) – und halte Workshops zu diesem Thema. Außerdem ist Jochen […]

[…] Professionalisierung der Öffentlichkeitsarbeit schreitet langsam aber sicher auch im Sozialbereich weiter voran. Immer mehr Träger und […]

[…] vom fehlenden Verständnis bis hin zur Tatsache, dass nur wenige Social Media Arbeiter sich im Sozialbereich wirklich auskennen. Hier habe ich – und das ist jetzt ein reine Feststellung und kein […]

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