Inhalt
Auszeit: Lernt wieder, Ruhe zu genießen
Vor kurzem habe ich mich in meinen Gehdanken – es war Ausgabe vier – mit dem Thema Ruhe befasst. Diesen Gedanken – jetzt ohne “h” – haben mich seit dem nicht mehr wirklich los gelassen, sehe ich doch täglich Menschen, die das Ruhebedürfnis ihres Körpers komplett ignorieren. Schlimmer noch, viele versuchen, ihren Körper durch Medikamente, übertriebenen Kaffee-Konsum und andere Maßnahmen auszutricksen. Das funktioniert eine Weile, doch früher oder später wird Euch für ein solches Verhalten garantiert die Rechnung präsentiert.
Ja, ich spreche da aus eigener Erfahrung. Natürlich habe ich selbst immer wieder versucht, meinen Körper zu überlisten und mehr Leistung aus ihm herauszuholen, als gesund oder sinnvoll war. Jedes Mal habe ich nach einigen Wochen und Monaten die Konsequenzen zu spüren bekommen und fiel dann für längere Zeit aus oder war nur noch eingeschränkt leistungsfähig. Das muss nicht sein, gibt es doch einen viel einfacheren Weg, dauerhaft leistungsfähig und erfolgreich zu sein: Bewusste Pausen und Ruhephasen.
Lernt wieder, die Ruhe zu genießen
Kein neuer Ansatz, das ist mir bewusst. Jeder weiß, dass Pausen und Ruhephasen wichtig sind und gut tun. Zumindest theoretisch. Doch in der Praxis erlebe ich, dass viele Menschen verlernt haben, Ruhe wirklich zu genießen. Manche fühlen sich schuldig, weil sie gerade nichts tun. Andere werden nervös und fühlen sich unausgelastet, wenn sie zur Ruhe kommen.
Bis zu einem gewissen Grad ist dieses Verhalten erlernt und von der Sozialisation abhängig. In zu vielen Kontexten wird Aktivität als das erstrebenswerte Ziel dargestellt und Ruhe mit Faulheit gleichgesetzt. Die meisten Menschen sind inzwischen auch an ständige Reize gewöhnt. Sei es Hintergrundmusik, der laufende Fernseher, Podcasts, die Geräuschkulisse anderer Menschen – all das sorgt für einen ständigen Reiz-Level.
Kehrt dann plötzlich Ruhe ein, fehlt vielen Menschen etwas. Die meisten können es nicht benennen, doch sie spüren eine komische Leere. Klar, die ständige Hintergrundbeschallung fehlt. Das ist teilweise sogar körperlich spürbar, mancher Coachee empfindet Ruhe tatsächlich als unangenehm. Ruhe, Stille und Pausen ohne Schuldgefühle oder Unbehagen zu genießen, muss dann erst wieder erlernt werden.
Schritt für Schritt zur Ruhe kommen
Daher sind Programme, die von Anfang an auf völlige Ruhe setzen, oft zum Scheitern verurteilt. Für viele Menschen ist der Übergang vom Alltag zu kompletter Stille und Ruhe über längere Zeiträume anfangs einfach zu drastisch. Der Wechsel wird als unangenehm empfunden und die Übung führt statt zu Entspannung zu Stress.
Mein Ansatz: Eine schrittweise Gewöhnung an Ruhe und Stille. Ich bin der Überzeugung, dass nachhaltige Veränderungen systematisch nur in kleinen Schritten möglich sind. Daher skizziere ich Euch abschließend einige Möglichkeiten und Übungen, mit denen ihr langsam zur Ruhe kommen könnt. Probiert aus, was für Euch funktioniert und Euch gut tut. Testet jede Übung jedoch bitte an mindestens drei verschiedenen Tagen, bevor ihr sie bewertet. Manche sind sicherlich ungewohnt, da ist etwas Unbehagen zu Beginn völlig normal.
Um zur Ruhe zu kommen, könnt ihr…
- … Euch jeden Tag fünf Minuten Zeit nehmen, in denen ihr Smartphone, Radio, Fernseher und alle Geräuschquellen ausschaltet. Sitzt oder liegt in diesen fünf Minuten einfach nur da und lauscht der Stille. Akzeptiert, dass es sich komisch oder unangenehm anfühlt. Wenn ihr nach und nach genießen lernt, könnt ihr die Zeit ausdehnen.
- … wenn ihr nach der Arbeit heim kommt, immer das gleiche Musikstück anhören. Etabliert dieses Lied – es sollte idealerweise mindestens drei Minuten lang sein – als Gewohnheit. Tut während diesem Lied nichts anderes, als der Musik zuzuhören. So könnt ihr nach und nach besser von Arbeit auf Freizeit umschalten.
- … jeden Tag fünf bis zehn Minuten spazieren gehen. Verzichtet dabei bitte auf Telefonate, Musik, Radio oder Podcasts. Achtet in dieser Zeit ganz bewusst auf die Natur und Eure Umgebung.
- … täglich einige Minuten Tagebuch schreiben. Auch hier gilt: Schaltet alle Ablenkungen aus und konzentriert Euch ganz aufs Schreiben. Stellt Euch vielleicht einen Wecker, viele Menschen verlieren sich im Schreiben und vergessen die Zeit.
- … wieder damit beginnen, Bücher zu lesen. Wenn ihr E-Books auf einem Tablet lest, stellt bitte sicher, dass ihr im Flugmodus seid und nicht durch E-Mails oder Benachrichtigungen gestört werdet. Täglich 10 bis 15 Minuten reichen für den Anfang.
- … täglich bloggen. Ein kurzer Artikel reicht bereits. Wichtig ist auch hier die Konzentration aufs Schreiben und das Ausblenden aller Störungen.
- … malen oder musizieren. Nehmt Euch Zeit, um Euch Eurer bevorzugten Kunst zu widmen und genießt es, Eurer Kreativität freien Lauf zu lassen.
- … mir Meditation beginnen. Macht es Euch zu Beginn bitte einfach und ignoriert alle komplizierten Systeme. Bewusstes Atmen ist ein guter Einstieg.
- … Sport treiben. Ihr müsst keinen Marathon laufen, ein wenig walken, schwimmen, Rad fahren, Yoga, Tai Chi, Krafttraining oder was immer Euch Spaß macht reicht völlig.