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Das Ende des Daimler-Blogs: Warum KommunikatorInnen ein Growth Mindset brauchen

Vorweg: Ich weiß, dass der Begriff Groth Mindset nach typischem Buzzword-Bullshit-Bingo klingt. Wenn du dir die Zeit nimmst, den Artikel zu lesen, hoffe ich, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Gibst du mir 5 Minuten dafür?
„Hier schreiben Mitarbeitende aller Hierarchiestufen und Unternehmensbereiche. Hier bekommt das Unternehmen ein Gesicht, es wird menschlich.“ – So oder so ähnlich habe ich das Daimler-Blog in den letzten Jahren in meinen Vorträgen und Workshops eingeführt. Je nach Format wurde die Diskussion dann detailliert und intensiv. Ich weiß: Viele Kolleginnen* haben es auch so gehalten.
Das für manche, inklusive mir, unvermittelte Ende des Daimler-Blogs ist gefühlt also eine Zäsur. Das Ende DES Corporate-Blog-Vorbilds. Doch schon im Ankündigungsartikel von Uwe Knaus, den ich jetzt einfach mal als Herz des Daimler-Blogs bezeichne (den Mensch, nicht den Artikel), schwingt mit, dass es keinen Grund für nostalgisches Stehenbleiben gibt:
In den letzten zwei Jahren entwickelte sie (Anmerkung: gemeint ist Jessica Abt) das Daimler-Blog als Chefredakteurin thematisch in die Richtung, die jetzt mit dem Nachfolgeprojekt konsequent weiterverfolgt wird. Nur so viel: Das Tagebuch wird zwar geschlossen, aber Authentizität und Glaubwürdigkeit werden weiterhin wichtige Erfolgsfaktoren bleiben.
Persönlich freue ich mich, wenn auch mit einem weinenden Auge, auf das Nachfolgemagazin. Nicht weil ich das Format Magazin besser finde – dazu komme ich gleich – sondern weil ich Vertrauen in das Team und die Kommunikatorinnen hinter dem Daimler-Blog habe und davon überzeugt bin, dass sie sich viele Gedanken gemacht haben und das richtig gut aufbauen und umsetzen werden.
Klaus Eck, der bei der Geburt des Daimler-Blogs als Berater beteiligt war, hat Uwe Knaus ebenfalls gefragt, wie er die Zukunft der Corporate Blogs sieht. In seinem LinkedIn-Artikel zitiert er Uwe so:
Uwe Knaus glaubt dennoch weiterhin an Corporate Blogs: „Keine Sorge, Blogs sind nicht tot! Gut gemachte Corporate Blogs sind weiterhin eine sinnvolle Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit“, meinte er mir gegenüber, als ich ihn auf den Abschied vom Daimler-Blog ansprach. „Es kommt dabei immer auf die Zielsetzung an und, ob diese mit dem Format „Tagebuch“ unterstützt werden kann.“
Veränderung ist Teil der Kommunikation
Im gleichen LinkedIn-Beitrag spricht Klaus zu Beginn einen wichtigen Aspekt an. Der schreibt:
Viele Corporate Blogs werden in Magazine umgewandelt, um darüber einen breiteren Zugang für die Rezipienten zu erlauben. Für ein gutes Content Marketing werden wertige und aktuelle Inhalte benötigt. Ob dabei die Quelle ein Corporate Blog oder Magazin ist, das ist eher nebensächlich.
Meine Frau Stephanie geht auf die Rolle von Corporate Blogs und ihre Grenzen auf Twitter ebenfalls ein. Sie bezieht sich dabei auf einen LinkedIn-Beitrag von Kai Heddergott:
Im Hinblick auf #CustomerExperience reicht ein Blog als Anlaufstelle nicht aus.
Da braucht es mehrere #Touchpoints – wie @heddergott sagt.
Bin gespannt, wie das Magazin dazu passt und welche weiteren Formate kommen werden – denn die braucht es auch. https://t.co/8Ji51yVjVw
— Stephanie A Kowalski (@SteffiKowalski) November 2, 2019
Kai adressiert in seinem Beitrag auch die oft gestellte Frage, ob Blogs denn jetzt tot seien. Seine Analyse teile ich:
Kai Heddergott:
Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass schon die bange Formulierung „Sind Blogs etwa tot?“ eine bisweilen nostalgisch geprägte Sicht auf das Netz transportiert – wurden Blogs doch als die „andere“, die authentische Form der Unternehmenskommunikation gesehen. Und in manchem Fall schienen eher Wunschvorstellungen denn die Auseinandersetzung mit der Dynamik des sozial-digitalen Kommunikationsraums und ihrer Wechselwirkung mit digitalem Owned Content auf Website und Blog den Diskurs zu prägen. … Corporate Blogs sind also nicht tot – sie differenzieren sich eher nach einer Metamorphose auf verschiedene Angebote und Touchpoints.
Veränderung ist Teil der Kommunikation, sie geht auch an Corporate Blogs nicht vorbei. Wer stehen bleibt und sich an seinem Format oder Begriff aufhängt, wird mit der Veränderung nicht mithalten.
Gary Vaynerchuck, seines Zeichens recht erfolgreicher US-Unternehmer und in Sachen Kommunikation und Marketing nicht ganz unerfahren, sagte einmal sinngemäß:
Du darfst dich nicht zu sehr in ein Format oder einen Kanal verlieben. Wenn die Menschen, die du erreichen willst, woanders hingehen, musst du sie dort treffen.
KommunikatorInnen brauchen ein Growth Mindset
Was hat all das jetzt mit dem eingangs erwähnten Growth Mindset zu tun? Um das zu beantworten, ein kurze Definition, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Die Karrierebiel schreibt in einem lesenswerten Beitrag darüber:
Ihrer (Anmerkung: gemeint ist Motivationspsychologin Carol Dweck) Theorie zufolge gibt es zwei Formen von Mindset, das Growth Mindset (growth = englisch für Wachstum; hier häufig mit wachstumsorientiert, dynamisch übersetzt) und das Fixed Mindset (fixed = englisch für starr, unflexibel).
Growth Mindset bedeutet also, Gelegenheiten als solche zu erkennen und zu nutzen. Es bedeutet, sich die eigene Wirksamkeit bewusst zu machen und immer zu fragen „Was kann ich jetzt tun und verändern?“ statt stehen zu bleiben und sich über die „böse Welt“ zu beschweren. (Ich spitze hier bewusst etwas zu.)
Und das bringt mich zurück zur Frage, ob Corporate Blogs tot und Magazine denn jetzt viel relevanter sind. Als Teil der strategischen Diskussion ist sie sinnvoll. Doch wer diese Frage stellt und sich daran aufhängt, wer krampfhaft am Format Corporate Blog festhält und sich nicht weiterentwickelt, der zeigt dadurch für mich ein Fixed Mindset.
Eine solche Haltung bringt jedoch nicht weiter, weder den Menschen noch die jeweilige Organisation.
Liebe ich (Corporate) Blogs? Jepp, durch meine Karrierebibel-Wurzeln bin ich leidenschaftlicher Blogger. Haben Corporate Blogs ihre Berechtigung? Jepp, sie sind jedoch nicht das universelle Owned-Medium, als das manche sie sehen. Bedaure ich das Ende des Daimler-Blogs? Ebenfalls jepp, es wird mir fehlen.
Doch noch mehr freue ich mich auf das, was kommt. Es ist müßig mit der rosa-roten Brille zurückzuschauen und sich über das Ende der Corporate Blogs zu beklagen.
Wichtig und sinnvoll ist es, nach vorne zu schauen, hinter Begriffe und Formate zu Blicken und sich auf Ziele, Funktionen, Rollen und Strategien zu fokussieren.
Denn schlussendlich geht es nur um eine Frage:
Wie bringen wir die richtigen Themen auf die richtige Art zu den richtigen Menschen um unsere Ziele voranzubringen?
Und zwar immer so, dass es sowohl den Menschen als auch unseren Organisationen dient.
P.S.: Ich danke Uwe Knaus, Jessica Abt und allen Mitarbeitenden bei Daimler für die tollen Jahre mit dem Daimler-Blog und die spannenden Artikel. Und ich bin sehr gespannt auf den 07. November und das neue Magazin. Viel Erfolg und Spaß euch dafür!
*Ich verwende bei allgemeiner Ansprache die weibliche Form, Ausnahme sind Überschriften oder konkret auf Personen bezogene Beschreibungen, die männliche ist jedoch immer mit gemeint.
Kommentare zu diesem Artikel
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