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Eine Frage der Wertschätzung – Burnout-Prävention in Sozialen Berufen
Burnout – dieses Wort ist in den letzen Jahren sehr inflationär verwendet und dadurch zu einer Art Modebegriff geworden. Vor allem in Bildungs- und Sozialberufen stehen viele Mitarbeiter dem Begriff skeptisch gegenüber und reduzieren Burnout auf eine normale Erschöpfung. Dabei ist das Burnout-Risiko vor allem im Sozialen Bereich sehr hoch und Prävention daher um so wichtiger.
Das hohe Risiko ist schnell erklärt und erkannt. Egal ob in Pflege, Jugendarbeit, Street Work oder im Hospizbereich, überall findet die Arbeit direkt mit Menschen statt. Ähnliches gilt auch im Bildungsbereich. Diese Arbeit ist wertvoll, wichtig und erfüllend, gleichzeitig jedoch – trotz aller Ausbildung und Professionalität – kraftraubend und belastend. Denn Menschen fordern immer Aufmerksamkeit ein und ziehen Energie ab.
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Das Bewusstsein fehlt(e)
Mitarbeiter in Sozialen Berufen – zumindest diejenigen, die I
ihren Job ernst nehmen – sind sehr engagiert und leistungsbereit. Das Wohl ihrer Klienten/Patienten/Jugendlichen/Kinder/Bewohner/Gäste steht bei ihnen im Vordergrund. Diese Einstellung ist nicht nur bewundernswert, sie ist für unser aktuelles Sozialsystem essentiell, denn ohne dieses Engagement könnten viele Einrichtungen und Dienste schlicht nicht funktionieren.
Doch gleichzeitig hat diese Einstellung in der Vergangenheit auch dazu geführt, dass sich viele Mitarbeiter in Sozialen Berufen jahrelang selbst ausgebeutet haben und daher irgendwann ausgebrannt waren. Bei der aktuellen Generation von Pflegekräften, Heilerziehern und Sozialarbeitern setzt sich langsam ein Bewusstsein für das eigene Wohl und die eigenen Grenzen durch.
Diese positive Entwicklung beschränkt sich jedoch auf einen noch eher kleinen Teil der Mitarbeiter. Außerdem sind viele alteingesessene Mitarbeiter nach wie vor nicht bereit, sich mit Grenzen und Belastungen auseinanderzusetzen und ignorieren diese, so lange es möglich ist. Ein fataler Fehler, denn irgendwann müssen Sie ihre Grenzen erkennen – nur ist es dann meistens schon zu spät.
Prävention und achtsamer Umgang tun Not
Burnout-Prävention ist – auch im Sozialen Bereich – grundsätzlich nicht kompliziert. Sie setzt sich aus drei Teilen zusammen.
1. Die individuelle Prävention
Jeder einzelne Mitarbeiter muss natürlich auf sich und seine Kräfte achten. Dazu gehört das Bewusstsein für die eigenen Grenzen ebenso wie das aktive Abschalten am Feierabend und ein erfülltes Leben mit Hobbys und Freizeitaktivitäten. Es ist wunderbar, wenn der Beruf auch Berufung ist, doch er darf eben nicht der einzige Lebensinhalt werden. Dafür ist jeder mitverantwortlich.
2. Die institutionelle Prävention
Arbeitgeber und Einrichtungen haben Burnout-Prävention lange vernachlässigt. Einerseits fehlte es schlicht am Bewusstsein, andererseits ist klar, dass Maßnahmen wie Seminare, Ausgleichszeiten und eine damit verbundene Personalaufstockung sowie Gesundheitsangebote für Mitarbeiter Geld kosten. Die Kosten sind teilweise sogar recht hoch, doch ein dauerhaft kranker Mitarbeiter ist in der Regel teurer.
Doch jenseits des rein betriebswirtschaftlichen Denkens haben Unternehmen vor allem die Pflicht und moralische Verantwortung, sich um ihre Mitarbeiter zu kümmern. Das mag idealistisch sein, doch in den letzten Jahren zeigt sich immer deutlicher, dass das Konzept vom Human Kapital nicht aufgeht und Mitarbeiter eben doch als Menschen wahrgenommen und so behandelt werden müssen. Ansonsten leidet die Qualität der Arbeit ganz beträchtlich darunter. Gerade im Sozialbereich hat das dann direkte Auswirkungen auf das Wohlergehen der Hilfsbedürftigen. Ein Umstand, der zwar lange akzeptiert wurde, jedoch absolut untragbar ist.
3. Die gesellschaftliche Prävention
Auch das Ansehen eines Berufsstandes in der Gesellschaft hat einen großen Einfluss auf das Burnout-Risiko der Mitarbeiter in diesem Bereich. Dieser wirkt sich auf mehreren Ebenen aus.
– Nur wenn die Arbeitsbelastung im Arbeitsbereich akzeptiert und wahrgenommen wird, wird Burnout-Patienten auch mit Verständnis und Toleranz begegnet.
– Die gesellschaftliche Wertschätzung eines Bereiches hängt direkt mit dem dafür verfügbaren Geld zusammen.
– Dem Sozialbereich fehlt diese Anerkennung und Wertschätzung nach wie vor – daher ist er deutlich unterfinanziert.
– Die Unterfinanzierung verhindert angemessene Personalschlüssel, erhöht die Belastung des Einzelnen und steigert so das Burnout-Risiko.
– Fehlende Wertschätzung und Anerkennung wirken sich negativ auf die Motivation der Mitarbeiter aus.
Alle Seiten müssen aktiv werden
Bei den Mitarbeitern im Sozialen Bereich setzt sich die Erkenntnis langsam durch, dass ein jeder auf seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen achten muss. Doch dieses Bewusstsein muss bereits in der Ausbildung und im Studium geschärft werden. Das hängt heute leider immer noch viel zu sehr vom Lehrpersonal ab, da dieses Thema nach wie vor nicht fest in den Vorlesungs- und Lehrplänen verankert ist.
Auch Arbeitgeber und Einrichtungen müssen Ihre Mitarbeiter endlich ernst nehmen und sich ganz konkret um deren Bedürfnisse und Anliegen kümmern. Das wird garantiert Geld kosten, doch das kommt – durch eine hohe Arbeitsqualität – sowohl dem Unternehmen als auch den Klienten zu Gute.
Schlussendlich ist auch die Gesellschaft – und damit jeder Einzelne auch außerhalb des Sozialen Bereiches – in der Pflicht. Denn es kann nicht einerseits die Erwartung sein, dass der Sozialbereich alle Probleme irgendwie auffängt und löst, dafür allerdings nicht die notwendigen Mittel erhält. Auch die – wichtige und anspruchsvolle – Arbeit der Menschen in Sozialen Berufen muss endlich die Wertschätzung und Anerkennung erhalten, die sie verdient.
P.S.: An dieser Stelle will ich ganz klar herausstellen, dass es bereits Einrichtungen und Arbeitgeber gibt, die sich aktiv um Ihrer Mitarbeiter kümmern. Ich habe das große Glück, das mein Arbeitgeber und vor allem mein direkte Vorgesetzter sehr viel Wert auf die Pflege und das Wohlbefinden der Mitarbeiter legen. Zusätzlich kenne ich genug andere Einrichtungen in verschiedenen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit, die sich ebenfalls aktiv um ihre Mitarbeiter kümmern. Das sind tolle Ansätze, doch leider stellen diese Arbeitgeber und Einrichtungen nach wie vor die deutliche Minderheit dar. Dabei sollten Sie der Normalfall sein.
Kommentare zu diesem Artikel
[…] wiederkehrende Themen sind dabei flexible Arbeitszeitmodelle und der Umgang mit der Anwesenheit der Mitarbeiter. Meine These lautet dann immer: Die besten Mitarbeiter sind glücklich und zufrieden. Das sehen die […]