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19.08.2019 Von: Christian Müller Lesedauer: 8 Minuten

Innovation, New Work und Veränderung – es geht auch ohne Revolution

New Work, Arbeit 4.0, Innovation - Schlagworte, die in der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt inzwischen gang und gäbe sind. Sie werden meist mit revolutionären Veränderungen, harten Brüchen und radikalen Umstrukturierungen in Verbindung gebracht. Doch das muss nicht sein. 
Veränderung und Innovation ohne Revolution

Artikelbild: rawpixel auf 123rf.com

Vorweg sei gesagt: Ich behaupte nicht, dass Veränderung und Innovation ohne Wachstumsschmerzen, Arbeit, Anstrengung oder – teilweise schmerzhafte – neue Wege möglich sind. 

Das klingt möglicherweise negativer als ich es meine. Persönlich bin ich sicher – und sehe das täglich in meiner Arbeit – dass diese initialen Veränderungsschmerzen ein Preis sind, den es sich zu zahlen lohnt. Denn sinnvolle Veränderung, Innovation und Konzepte von New Work wirken sich positiv auf (soziale) Organisationen und vor allem die Menschen in ihnen aus. 

Doch wie Panos Meyer im Manager Magazin bin auch ich der Meinung, dass es nicht sinnvoll ist, die anstehenden Veränderungen schön zu reden. Ich stimme ihm nicht in allen Punkten zu, doch diese Aussage unterschreibe ich: 

“Achtet stattdessen darauf, dass ihr den Arbeitsalltag für eure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne von New Work zum Positiven verändert, dass ihr Prozesse und Strukturen fit für das digitale Zeitalter macht, dass ihr die Digitalisierung ernsthaft betreibt und sie nicht nur inszeniert. Erzählt den Menschen, wie mühsam Innovationen wirklich entstehen, wie weh Veränderungen tun können.”

Panos Meyer schreibt zwar über das Thema Digitalisierung – und pauschalisiert mir an manchen Stellen zu sehr – doch diese Botschaft stimmt. Auch für Organisationen der Sozialwirtschaft und Themen wie Innovation und New Work. 

New Work oder Arbeit 4.0 – Welche Veränderung darf‘s denn sein?

Bevor wir jedoch darüber sprechen, ob und wie Veränderung und Innovation auch ohne Revolution machbar sind, müssen wir uns erstmal darüber klar sein, was wir eigentlich wollen. 

Der geschätzte Lars Hahn hat auf dem Corporate Blog der LVQ – Disclaimer: Ich war und bin hin und wieder für die LVQ als Referent aktiv, die Nennung hier ist davon unbeeinflussteinen lesenswerten Artikel zur Differenzierung von New Work und Arbeit 4.0 verfasst. 

In Sachen New Work zitiert Lars den XING-Kommunikationschef Marc-Sven Kopka mit einer treffen Beschreibung der Ausrichtung: 

“Ein Unternehmen lebt dann New Work, wenn es sich darum kümmert, dass seine Mitarbeiter gern zur Arbeit gehen. Wenn sie dort das tun können, was ihnen etwas bedeutet und was sie wirklich, wirklich tun wollen. Wenn sie Mensch sind und keine Human Ressource.”

Im Hinblick auf Arbeit 4.0 beschreibt Lars die Ausrichtung im Artikel wie folgt: 

“Die New Work-Diskussion befasst sich also häufig mit Werten und Haltungen. Bei der Debatte um den Begriff Arbeiten 4.0 hingegen geht es – wie der Begriff schon vermuten lässt – meist darum, wie mit den Veränderungen der Arbeitswelt durch Industrie 4.0 (und Co.) umgegangen werden kann.”

Beide Ausrichtungen gehen Hand in Hand, denn New-Work-Ansätze, die den Einfluss der Digitalisierung ignorieren, werden kaum wirksam sein. Dennoch muss unser Fokus in der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt meiner Meinung nach auf der Veränderung aus New-Work-Sicht liegen. 

Aktuell fokussieren wir uns zu oft auf die offensichtlichen Veränderungen der Arbeit 4.0, die durch technische, infrastrukturelle und formale Veränderungen – Stichwort Onlinezugangsgesetz, OZG – zustande kommen und unumgänglich sind. 

Sicher, auf die müssen wir reagieren, doch unser Fokus sollte auf den strukturellen Veränderungen – sowohl in der Organisationsstruktur als auch in unserer Denkstruktur, die sich dann in Werten und Haltung ausdrücken – liegen. 

Innovation und Veränderung ohne Revolution – der „sanfte“ Weg

Der geschätzte Kollege Hendrik Epe geht in seinem Blogbeitrag zur Personalentwicklung auf einen wichtigen Aspekt ein: In vielen Organisationen der Sozialwirtschaft geht es im ersten Schritt gar nicht um einen Organisationsumbau, sondern um die Etablierung sinnvoller Personalentwicklung. Erst wenn diese Grundlagen stabil sind, ist es sinnvoll weiter zugehen. 

Sein Fazit klingt vielleicht nach Revolution, zeigt für mich jedoch, dass es eben auch ohne geht: 

“Hier liegt der wesentliche Ansatz für Disruption in unserem Sektor: Wenn es gelingt, Organisationen zu gestalten, die sich an den den Problemen der KundInnen orientieren und man die MitarbeiterInnen anhand deren Stärken und Potentialen einsetzt, können Organisationen entstehen, die unsere traditionellen sozialwirtschaftlichen Organisationen abzulösen. Die Kostenträger sind im Übrigen spätestens dann überzeugt, wenn es gelingt, den wirtschaftlichen Nutzen aufzuzeigen. Und das wiederum dürfte nicht so schwer sein.”

Denn auch wenn Hendrik von Disruption spricht, sind die von ihm genannten Veränderungen auch ohne Revolution und in kleinen Schritten möglich. 

Einige Beispiele aus meiner Arbeit, wie Organisationen der Sozialwirtschaft sich kundenorientierter aufstellen und Stärken und Potenziale der Mitarbeitenden sinnvoll nutzen können:

All diese Maßnahmen haben drei Dinge gemeinsam: 

  1. Sie können in kleinen Schritten und mit überschaubarem Einsatz getestet und entwickelt werden. 
  2. Sie erfordern keinen großen finanziellen oder zeitlichen Aufwand, sondern lassen sich, zumindest zu Beginn, mit überschaubarer Arbeit umsetzen. 
  3. Sie sind in der konkreten Umsetzung weder fancy noch sexy oder besonders attraktiv. 

Der letzte Punkt ist mir wichtig. Den genau so wie der oft genutzte Spruch: „Wir müssen unsere Mitarbeitenden mitnehmen“ ist auch die Arbeit an Veränderungen und Innovationen in der Praxis sehr viel weniger glamourös als in der Theorie. 

Ganz praktisch bedeuten solche Ansätze nämlich: Zahlreiche Gespräche, Schulungen, Workshops, neu gestaltete Fragen und Antworten, Wissensvermittlung, Konzeptentwicklung, Dokumentation und Evaluation. Alles nicht neu, alles nicht sexy. Aber alles wichtig und sinnvoll. 

Erfinden wir das Rad nicht neu, lernen wir von anderen

„Aber damit haben wir keine Erfahrung, das ist Neuland für uns, das können wir nicht.“ – Diesen Satz höre ich, in Variationen, immer wieder, wenn ich über Innovation und New Work in der Sozialwirtschaft sprechen. 

Natürlich ist da was dran. Es ist das Wesen von Innovation, neue Wege zu beschreiten und bisher unbekanntes zu erschließen. 

Andererseits verbirgt sich hinter solchen Aussagen jedoch oft eine Abwehr- und Vermeidungshaltung. Es geht nicht wirklich darum, dass etwas neu ist, sondern dass „man“ das nicht tun will und keine Lust hat, sich damit zu befassen. 

Daher lautet meine Antwort meist: „Wir müssen das Rad nicht neu erfinden.“ Es gibt bereits Soziale Organisationen und Träger der Wohlfahrt – oder zumindest Einrichtungen in verschiedenen Arbeitsbereichen – die zeigen, wie Innovation aussehen kann. 

Als Beispiele seien hier nur die KollegInnen der DRK Wohlfahrt, das allseits diskutierte Buurtzorg Modell oder die KollegInnen der PIKSL Labore genannt. Auch im Bereich des Social Entrepreneurships gibt es Start Ups und Projekte, die neue Wege aufzeigen. Ein Besuch beim SEND e.V.Disclaimer: Ich bin dort Mitglied. – lohnt sich. 

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Und auch in der Wirtschaft gibt es Beispiele, von denen wir in der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt lernen können. SAP mit seinem Personalchef Cawa Younosi ist eines dieser Beispiele. Die Süddeutsche Zeitung zeichnet in einem lesenswerten Artikel ein spannendes Bild seiner Arbeit. 

Interessanterweise – und für mich leider nicht überraschend – wird im Artikel ein Mitarbeiter eines sozialen Trägers genannt, der skeptisch nachfragt und darauf hinweist, dass nur Unternehmen mit genug Ressourcen und Budget sich die Art der Personalentwicklung und Innovation von SAP leisten können. Ein Vorurteil, das mir oft begegnet und nur selten zutrifft. 

Die im Artikel zitierte Antwort von Cawa Younosi bringt es dann auch auf den Punkt: 

„Warum?“, fragt Younosi. „Co-Leadership, Teilzeitführung, Home-Office, Väterstammtisch- vieles kostet uns gar nichts.“

Und auch auf die Frage nach „Low-Perfomern“ – also Mitarbeitenden, die nicht die gewünschte Leistung bringen – hat er eine hervorragende Antwort parat. 

„Kein Mensch ist faul geboren oder als Low-Performer gestartet, sonst hätte er die Probezeit ja gar nicht überstanden.“ Viel wichtiger sei herauszufinden, was einen Mitarbeiter bremse und auf welcher Stelle er seine Fähigkeiten besser einsetzen könne. Für die allermeisten findet sich da was.”

Diese Haltung ist typisch für den New Work Ansatz. Und ich finde es ehrlich gesagt beschämend, dass wir in der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt – in der wir uns einem positiven, teilweise auch christlichen – Menschenbild verpflichtet fühlen, immer zuerst oder sehr schnell nach dem Umgang mit Low-Performern fragen. Passt für mich nicht so richtig zur oft beschworenen positiven und menschenzentrierten Haltung. Aber das ist Stoff für einen anderen Artikel. 

Veränderung geht auch ohne Revolution

Braucht es Revolution für Veränderung? Nein, nicht zwingend. Doch das heißt nicht, dass revolutionelle Tendenzen für Innovation und neue Wege schädlich wären. 

Meiner Erfahrung nach braucht es beides. Sowohl Menschen und Projekte, die radikal neue Wege gehen und zeigen, dass etwas machbar ist. Als auch Menschen, die in Organisationen und Systemen beharrlich Schritt für Schritt Veränderungen einleiten und „sanft“ neue Wege eröffnen. 

Einige der dafür nötigen Kompetenzen habe ich in meinem Artikel zu Innovationsmanagern für die Wohlfahrt und Soziale Arbeit beschrieben. 

Zum Abschluss noch eine Leseempfehlung für alle, die sich umfassender mit Veränderung und Innovation ohne Revolution befassen wollen. 

Rocking the Boat von Debra E. MeyersonDisclaimer: Amazon Affiliate Link – beschreibt die Mechanismen, bewährten Strategien und Anforderungen an leise Changemaker – mein Begriff, nicht der der Autorin – hervorragend.

Natürlich freue ich mich über dein Feedback in den Kommentaren. Sind Veränderung und Innovation deiner Meinung nach ohne Revolution möglich? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht? Ich freue mich auf unsere Diskussion. 

 

 

Porträt Christian Müller

Christian Müller

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Christian unterstützt als Kommunikationsberater Soziale Einrichtungen, Bildungsträger, KMU und Start Ups auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Mit seinen Kunden entwickelt er Kommunikationsstrategien, schult Mitarbeiter und hilft dabei, die nötige Kompetenz inhouse aufzubauen. Das Ziel: Die individuell wichtigen Menschen zu erreichen, Gespräche zu initiieren und tragfähige (Kunden) Beziehungen aufzubauen.

Kommentare zu diesem Artikel

[…] schreibt in seinem lesenswerten Beitrag “Innovation, New Work und Veränderung – es geht auch ohne Revolution”, dass es nicht zwingend die große Revolution für die Veränderung der Organisationen braucht. Da […]

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