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Erfolgreiche Kommunikation: Wann und warum „gut genug“ reicht
„Gut genug“ – diese beiden Wörter gehen mir in den letzten Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Angestoßen hat diesen Denkprozess eine Diskussion mit Alexander Klarmann in den Facebook-Kommentaren zu meinem Artikel rund um Hardware und Tools für die Videoproduktion mit Smartphone und Tablet. Alexander Klarmann kennt sich mit Videoproduktion aus und hat – aus seiner Sicht völlig berechtigt – kommentiert, dass es für gute Videos doch etwas mehr braucht als Smartphone und Tablet.
Damit liegt er aus meiner Sicht gleichzeitig richtig und falsch und genau diese Ambivalenz hat mich zum heutigen Artikel inspiriert. Natürlich werden Videos mit Digitalen Spiegelreflexkameras (DSLRs) deutlich besser als mit iPhone und Konsorten. Nur: Letztere sind oft gut genug. Denn die Qualität erfolgreicher Kommunikation hängt immer vom Kontext ab.
Ziel und Kontext bestimmen die notwendige Qualität
Um beim Beispiel Video zu bleiben: Technisch und qualitativ sind DSLRs oder Systemkameras – damit arbeite ich in der Regel – Smartphones deutlich voraus. Auch passende Beleuchtung, Farbanpassung, Perspektiven und Bildkomposition spielen bei Videos eine wichtige Rolle.
Ja, all diese Faktoren lassen sich mit besserem Equipment – und entsprechende Erfahrung – besser kontrollieren und führen schlussendlich zu einem technisch besseren Ergebnis. Ob das Video dann allerdings für den jeweiligen Einsatzzweck wirklich besser ist, bezweifle ich. Denn eine technisch hohe Qualität ist manchmal – darüber schrieb ich bereits auf der Karrierebibel – schädlich und kontraproduktiv.
Bei einem Blick über die Schulter, einem Video im A-day-in-the-life-Format, bei dem eine Person im Alltag begleitet wird, und ähnlichen Ansätzen, zerstört ein zu perfekt gedrehtes Video die authentische Wirkung. Diese ist es jedoch, die solchen Formaten erst ihren Wert verleiht.
Nicht alles, was möglich ist, muss auch genutzt werden
In Workshops und Seminaren erlebe ich es häufig: Sobald motivierte Mitarbeiter, Freelancer oder Ehrenamtliche die kommunikativen oder technischen Möglichkeiten erahnen, stürzen Sie sich voller Begeisterung darauf und wollen möglichst alles ausprobieren.
Das Problem: Sie wollen es auch umsetzen und dabei alle Register ziehen. Dieser Ehrgeiz und Enthusiasmus sind zwar lobenswert, oft jedoch fehl am Platz. Kommunikation muss immer an die Ziele und Strategien von Menschen, Unternehmen oder Organisationen angepasst werden. Das bedeutet…
- … genau abzuwägen, welches Medium oder Format ist.
- … sich das Endergebnis möglichst genau vorstellen zu können.
- … die verschiedenen Schritte und Aspekte der Kommunikation zu analysieren und auf die notwendigen einzugrenzen.
- … bewusst auf Möglichkeiten und Aspekte zu verzichten.
- … immer Ziel und Strategie im Blick zu behalten und alle Maßnahmen daran anzupassen.
- … Ego und professionellen Stolz auch mal hintenan zu stellen.
Der letzte Punkt ist mir bei dieser Liste besonders wichtig, denn dieser Aspekt wird sehr oft übersehen oder ignoriert. Auch wenn das Ziel, die zugrunde liegende Strategie, der notwendige Aufwand und die dafür zur Verfügung stehen Ressourcen glasklar sind, kommt es in der Vorbereitung zur Kommunikation immer wieder zu Problemen.
Texte werden nicht rechtzeitig fertig, die Produktion von Videos zieht sich endlos in die Länge, fast fertige Inhalte werden verworfen und komplett neu erstellt. Warum? Weil wirklich kompetente Autoren, Fotografen, Filmemacher und Kommunikatoren meist über nicht unerheblichen professionellen Stolz verfügen.
Dieser lässt es manchmal einfach nicht zu, Inhalte – die für das entsprechende Ziel gut genug sind – zu veröffentlichen. Die Mitarbeiter sehen, welche Möglichkeiten es noch gäbe, wie das Video oder der Text noch besser werden könnte… und wollen die Optionen nutzen.
Gut genug – Kein Freifahrtschein
In diesem Fall müssen die Mitarbeiter daran erinnert werden, wozu die Inhalte erstellt und was mit ihnen erreicht werden soll. Im Extremfall helfen nur klare Deadlines und spürbare Sanktionen, sollten diese nicht eingehalten werden. Künstlerische Aspekte müssen dann manchmal hinter Notwendigkeiten zurückstehen.
In der täglichen Kommunikation sollte „gut genug“ der Maßstab für Eure Arbeit und Kommunikation sein. Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass ihr an der Qualität sparen sollt! „Gut genug“ sollte von Euch oder in Eurem Unternehmen so definiert werden, dass Inhalte und Kommunikation den höchstmöglichen Standard erfüllen, ohne dabei jedoch die feine Linie zum Perfektionismus zu überschreiten.
Die dafür notwendige Abwägung ist ein ständiger Prozess und kann nur durch kontinuierliche Reflexion und Evaluation der Ergebnisse gelingen. Dieser Aufwand ist jedoch notwendig, um Eure Kommunikation auf einem dauerhaft hohen Niveau zu halten ohne dabei Ressourcen und Arbeitszeit unnötig zu vergeuden. Gut genug reicht völlig, darf jedoch nicht mit geringer Qualität verwechselt werden.