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Mobile Videoproduktion in Unternehmen: Mehr ist nicht besser
„Aber die andere App bietet viel mehr Möglichkeiten, wieso nutzen wir nicht die?“ – Die Frage stammt von einem Teilnehmer meines letzten Mobile Video Workshops. Es war ein Inhouse Seminar und wir hatten gerade die Basics der verschiedenen Video Apps besprochen. Die Frage war daher verständlich, meine Antwort sorgte jedoch für Stirnrunzeln und Nachfragen: „Sie bietet zwar mehr Möglichkeiten, für unseren Zweck ist die einfache Kamera App jedoch besser geeignet.“
Die Frage und die Reaktionen sind mir im Gedächtnis geblieben, denn sie sind Ausdruck eines häufigen Missverständnisses: Mehr Features machen eine App nicht unbedingt besser. Der hier gültige Grundsatz geht meiner Meinung nach über Video-Apps hinaus und gilt für das gesamte Thema Mobile Video und seinen Einsatz im Unternehmen:
Mehr ist nicht besser.
Es kommt darauf an, ob „mehr“ Dich Deinen Zielen näher bringt.
Features nach Bedarf
Auf Android bietet Cinema FV-5 meiner Erfahrung nach die meisten Funktionen und mir als Videograf viele Möglichkeiten. Das macht die App für mich zu einem mächtigen Tool, mit dem ich enorm viel Kontrolle über die Aufnahme habe und Rahmenbedingungen – beispielsweise unzureichendes Licht – bis zu einem gewissen Grad ausgleichen kann. Daher schätze ich Cinema FV-5 sehr.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ich die App für alle Projekte verwende oder sie allen Teams unbedingt empfehle. Natürlich stelle ich sie vor, doch es gibt Situationen, in denen ich bewusst auf die Google Kamera App zurückgreife. Diese ist viel simpler und bietet weniger Möglichkeiten, sie ist jedoch auch deutlich einfacher zu bedienen.
Ähnliches gilt bei der Nachbearbeitung. Ich schätze KineMaster als funktionsreichste Video-Editing-App auf Android und wenn ich kompliziertere Projekte bearbeite, nutze ich die App ganz selbstverständlich. Muss es allerdings schnell gehen und geht es lediglich um simples Trimmen und Zusammensetzen von Clips, bevorzuge ich Movie Edit Touch. Es bietet nicht so viele Funktionen wie KineMaster, ist dafür jedoch deutlich einfacher in der Nutzung und hat sich bei zahlreichen Events bewährt.

Beim Equipment gilt ähnliches. iPhone und iPad bieten für Mobile Video den größten Komfort, doch für Unternehmen, die bisher ausschließlich auf Android Geräte setzen, wäre die Integration von iOS-Geräten in ihre Infrastruktur eine zusätzliche Hürde und unnötiger Aufwand. Hier ist es viel sinnvoller, sich die passenden Android-Smartphones zuzulegen. Nicht ganz so komfortabel, im Gesamtkontext des Unternehmens jedoch einfacher und praktischer.
Mobile Videoproduktion: Ziele und Bedarf entscheiden
Der Grundsatz: „Mehr ist nicht besser“ bezieht sich allerdings nicht nur auf die mobile Videoproduktion, sondern auch auf den grundsätzlichen Einsatz von Videos in der Kommunikation. Als Kommunikationsberater, Trainer und Mobile Videograf bin ich vom Nutzen und der Wirkung von Videos überzeugt – wenn sie dosiert und gezielt eingesetzt werden.
Oft erlebe ich beispielsweise, dass Unternehmen – nach erfolgreich absolviertem Inhouse Training zur mobilen Videoproduktion – jedes Event und jede noch so kleine Veränderung mit Video begleiten. Einerseits freut es mich sehr, wenn die Teams das erworbene Wissen gleich praktisch anwenden und gute Ergebnisse erzielen. Andererseits sehe ich diese euphorische Nutzung kritisch.
Jedes Medium und jeder Kommunikationskanal kann übermäßig genutzt und zum Problem werden. Fluten Unternehmen ihren Youtube-Kanal oder ihr Instagram-Profil beispielsweise mit dutzenden Videos ohne Informationsgehalt oder Aussage, werden sie dadurch Reichweite und Sichtbarkeit verlieren. Im schlimmsten Fall leidet die Reputation des Unternehmens darunter.
Daher plädiere ich für eine bedarfs- und zielgerechte Analyse im Vorfeld – sowohl für die mobile Videoproduktion als auch für den Einsatz der Videos. Die folgenden Fragen haben sich in der Praxis als Guidelines bewährt:
- Was soll mit den Videos erreicht werden?
- Welche Menschen sollen damit angesprochen werden?
- Welche Aussage und Botschaft sollen die Videos vermitteln?
- Wer wird die Videos produzieren?
- Wie viel Zeit und Ressourcen stehen dem Team dafür zur Verfügung?
- Welche Rolle spielen die Videos für die Kommunikation?
- Wie schnell müssen die Videos online sein?
- Für welche Netzwerke werden die Videos produziert?
- Wie sollen die Videos nachverwertet werden?
- Welche Qualitätsstandards müssen die Videos erfüllen?
Der Fragenkatalog lässt sich nach Bedarf erweitern. Wichtig ist, dass sich sowohl die Produktion als auch der Einsatz der Videos nach klar definierten Zielen richten und für alle Beteiligten nachvollziehbaren Kriterien unterworfen sind.
Mehr kann besser sein – wenn es den individuellen Zielen dient und den vorhandenen Bedarf deckt. Tut es das nicht, macht es Mobile Video unnötig komplex.
Urheberrecht: olivier26 / 123RF Stockfoto
Kommentare zu diesem Artikel
[…] ist kein Geheimnis, dass ich für die Produktion vieler Formate ein Fan von Mobile Video, also der Produktion mit Smartphones und Tablets bin. Die fünf häufigsten Fragen zu Mobile Video habe ich im folgenden Video […]
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