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Social Media als direkter Kanal zu den Bürgern: Podcast mit Katja Evertz

Als Referentin (und bis Dezember 2014 als stellvertretende Pressesprecherin) treibt Katja Evertz das Thema Social Media in einer Bundesbehörde voran. Als Speaker ist sie zudem regelmäßig auf Konferenzen, Seminaren und BarCamps anzutreffen. Sie twittert unter @katjazwitschert und bloggt unter www.katjaevertz.de und www.goverbreak.de.
Im Podcast erläutert Katja Evertz heute, wie der Schritt in die sozialen Medien für Ämter und Behörden gelingen kann, welches Potenzial darin steckt, aber auch, welche Herausforderungen zu bewältigen sind.
Für diejenigen, die lieber lesen als hören, hier die wichtigsten Inhalte des Interviews zusammengefasst und ergänzt.
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Besondere Bedingungen für Social Media in Ämtern und Behörden
Typisch für Ämter und Behörden sind ihre sehr hierarchischen Strukturen und die langwierigen Prozesse. Social Media Manager müssen sich daher darauf einstellen, dass Abstimmungen und Neuerungen sehr lange dauern können und von unterschiedlicher Stelle genehmigt werden müssen. Vollkommen anders als in der Agenturwelt.
Zusätzlich ist das Budget für Öffentlichkeitsarbeit insgesamt in Ämtern und Behörden häufig sehr gering. Auch wird Behörden schnell vorgeworfen, sie würden Mittel zweckentfremden, wenn nicht klar wird, warum die Ausgabe sinnvoll ist. Außerdem hat sich in vielen Behörden und Ämtern die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt, dass die Öffentlichkeitsarbeit auch zu ihren Aufgaben gehört. Das ändert sich jedoch gerade.
Chancen und Herausforderungen in den sozialen Medien
Ob die sozialen Medien der richtige Weg sind, hängt von Art und Aufgaben des jeweiligen Amtes ab. Manche Ämter sind in den sozialen Medien weniger gut aufgehoben, zum Beispiel das Amt für Verfassungsschutz.
Social Media ermöglichen die direkte Kommunikation mit dem Bürger, sie bieten einen Kanal, der in dieser Form bisher nicht vorhanden war. Bisher fungierte die Webseite als indirekte Kommunikationsmöglichkeit mit dem Bürger. Doch viele Behörden stellen sich dort in erster Linie selbst dar und nutzen sie noch zu wenig zur Bürgerkommunikation. Verstehen Ämter und Behörden die Website als Möglichkeit mit dem Bürger in Kontakt zu kommen, ändert das viel daran, wie sie mit dem Bürger kommunizieren und welche Informationen sie auf der Webseite präsentieren. Social Media fungieren als Katalysator, die das Bedürfnis, die Kommunikation bürgergerechter zu gestalten, deutlich sichtbarer machen als bisher.
Welche Plattformen führen zum Erfolg?
Guten Morgen. Der Kaffee ist fertig. Und unser Twitter-Account auch. Los geht's! pic.twitter.com/wTj6owjKKU
— BBK (@BBK_Bund) 2. Februar 2015
Ob und welche Erfolge Ämter und Behörden mit dem Einsatz von Social Media erzielen können, ist abhängig von ihren Zielen. Je nach Zielsetzung eignen sich Social Media generell und bestimmte Plattformen im Besonderen besser oder schlechter. Für das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK), bei dem Katja Evertz das Social Media Team leitet, war Twitter die entscheidende Plattform.
Denn Twitter gilt neben der Website als einziges Echtzeitmedium und hat sich in den letzten Jahren bei aktuellen Ereignissen als tatsächlicher Nachrichtenkanal etabliert. Über Twitter informieren sich auch Menschen, die weniger aktiv twittern. Für das BKK hat sich zudem als Vorteil erwiesen, dass Twitter in Deutschland noch als Nischenplattform gilt, die weniger Menschen nutzen als Facebook.
Über Twitter erreicht das BKK nicht nur internetaffine Nutzer und Medienvertreter, sondern auch seine wichtige Zielgruppe der Ehrenamtler und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Diese nutzen Twitter eher passiv, sind aber sehr gut vernetzt und interessieren sich für BKK-Themen. Daher sind sie auf Twitter sehr schnell auf das BKK aufmerksam geworden. Da das BKK über Twitter zahlreiche Nachfragen und Kommentare erhält, gilt Twitter für das BKK als wichtiger Rückkanal, den das Amt so bisher nicht hatte.
Der Weg in die sozialen Medien
Bei den meisten Ämtern und Behörden sind die Ressourcen für Kommunikationstätigkeiten knapp, sowohl finanziell als personell. Mitunter gibt es nur 1,5 Stellen für die gesamte Öffentlichkeitsarbeit. Daher gilt: zunächst auf eine Sache konzentrieren! Facebook oder Twitter sind nicht zwangsläufig notwendig für den Dialog mit dem Bürger, das geht zum Beispiel auch über eine Kommentarfunktion auf der Website oder einen Bürgerchat einmal die Woche. Dabei ist der Aufwand deutlich geringer als eine Facebook-Seite mit vernünftiger Reichweite aufzubauen und zu erhalten.
Merke: Bei knappen Ressourcen sind Social Media Plattformen nicht der Königsweg, sondern nur eine Möglichkeit von vielen.
Außerdem sollte jedes Amt vor dem Start in den sozialen Medien bedenken: Was wollen wir damit erreichen? Das unterscheidet sich je nach Art des Amtes und bestimmt die Art der Nutzung der sozialen Medien maßgeblich.
Ein mögliches Ziel könnte sein: Das Amt moderner machen oder Besucher generieren. Viele stellen sich die Zielfrage nicht, weil man sich die in der Öffentlichkeitsarbeit nie gestellt hat. Pressearbeit lief immer, weil die Journalisten danach gefragt haben. Dann kam die Website, weil immer mehr nach einer Website gefragt haben. Aber was man mit der Website erreichen will und was die Besucher dort tun sollen hat man lange nicht überlegt und fragt man sich oft heute noch nicht.
Doch wer kein konkretes Ziel hat kann auch nicht ermitteln, wann er erfolgreich ist und wann nicht. Daher ist in Ämtern und Behörden, aber auch in anderen Organisationen ein Umdenken in der Öffentlichkeitsarbeit notwendig:
- Nicht mehr das kommunizieren, was die Behörde sagen möchte, sondern das kommunizieren, was die Bevölkerung interessiert.
- Öffentlichkeitsarbeit aus der Bürgersicht denken: Was sind relevante Informationen für die Bürger?
Umgang mit Skeptikern in den eigenen Reihen
Generell gilt: Wer Social Media einführen will, braucht viel Geduld. Das gilt in Ämtern und Behörden ebenso wie in Unternehmen. So brauchte das BKK 1,5 Jahre um mit Twitter zu starten, weil die Vorbehalte lange sehr groß waren.
Beim Umgang mit Skeptikern empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:
- Auf Skeptiker zugehen.
- Verbündete suchen, die es erleichtern, eine Sache voranzutreiben.
- Menschen dort abholen, wo sie stehen.
- Tatsächlich etwas starten, das macht Zweifler neugieriger und kann ein Türöffner sein, um Zweifler zu überzeugen.
Bisherige Reaktionen der Bürger auf Social Media Einsatz
Die Resonanz auf den BKK-Twitterkanal ist bisher sehr gut und es kommen überwiegend positive Reaktionen. Es hat sich gezeigt, dass innerhalb des BKK kurze und direkte Feedbacks gegeben werden können. Insgesamt hat sich gezeigt, dass mehr Leute als erwartet sich für die BKK-Themen interessieren und der Kanal unter Ehrenamtlern sehr bekannt ist.
Wie es weitergeht, ist schwer vorauszusagen. Für Katja Evertz ist jedoch klar: „Die schnelle Weiterentwicklung von Social Media stellt Ämter und Behörden vor große Herausforderungen, da die Prozesse in Behörden deutlich langsamer sind. Generell ist es ideal, wenn das Herz der digitalen Kommunikation beim Amt selbst liegt. Sei es in Form der Website oder eines eigenen Blog.“
P.S.: Die Übersicht aller Sozialgespräch Folgen findet ihr hier. Den Podcast könnt ihr auch per RSS-Feed oder bei iTunes abonnieren. Dort freue ich mich auch über Eure Kommentare und Bewertungen. Und wenn ihr den Podcast teilen und empfehlen wollt, ist Euch mein Dank ebenfalls gewiss.
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