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Social Media für soziale und öffentliche Einrichtungen: Solide Strategie (Teil 10)
Dieser Artikel ist der zehnte Teil einer Serie, in der ich die Besonderheiten des Social Media Einsatzes in der Sozialen Arbeit, dem Sozialbereich und für Sozialarbeiter beleuchte.
Heute war ich als Referent zu einer internen Schulung des Berliner Ministeriums für Arbeit und Soziales eingeladen. Mein Vortrag stand unter dem Titel „Video als Medium der Zukunft“, das Meta-Thema des Events war die sinnvolle Social Media Nutzung. Die Veranstaltung hat mir nicht nur neue Eindrücke und Kontakte, sondern auch die Inspiration für diesen Artikel gebracht. Er gehört zu meiner – auch von mir – fast schon tot geglaubten Serie „Social Media und soziale Arbeit“.
Heute erweitere ich den Fokus jedoch ein wenig und schließe neben sozialen auch Einrichtungen der öffentlichen Hand ein. Denn im Blick auf Hürden, Anforderungen und Besonderheiten ähneln sich die beiden Einrichtungsarten enorm.
Soziale und öffentliche Einrichtungen – zahlreiche Parallelen
Wer sich nur in einem – oder keinem – der beiden Bereiche auskennt, wird diese Aussage vielleicht mit hochgezogenen Augenbrauen quittieren. Doch die Parallelen zwischen sozialen und öffentlichen Einrichtungen sind deutlich zahlreicher und größer, als viele auf den ersten Blick denken.
Beide Einrichtungsarten stehen unter einem hohen Erwartungsdruck, da da sie gesellschaftlich und öffentlich wirksame und relevante Aufgaben erfüllen. Dazu kommt, dass beide Einrichtungsarten – zumindest in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung – weitgehend oder vollständig aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Daher sind viele Menschen/Bürger der Meinung, hier eine Anspruchshaltung entwickeln zu können. Ob diese immer berechtigt ist, steht auf einem anderen Blatt.
Die Parallelen sozialer und öffentlicher Träger sind aus meiner Sicht bei der Kommunikation jedoch noch ausgeprägter als bei Finanzierung oder Aufgabenstellung. Beide Einrichtungsarten…
- … haben mit hohen Vorbehalten gegenüber den sozialen Medien zu kämpfen.
- … stellen einen bei Unternehmen längst nicht immer vorhandenen Informations- und Mehrwertanspruch an ihre Kommunikation.
- … verfügen oft über wenig Grundkenntnisse und Voraussetzungen für die Kommunikation in den Social Media – Ausnahmen bestätigen die Regel.
- … müssen Einstellung, Haltung und Mentalität für eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit – nicht nur in den Social Media – oft nachhaltig ändern.
- … haben oft komplexe hierarchische und bürokratische Strukturen aufgebaut, die sowohl beim Aufbau als auch bei der operativen Betreuung der Social Media Kanäle problematisch werden können.
- … verfügen grundsätzlich über hervorragende Kenntnisse ihrer Zielgruppe und über die Kompetenz, sinnvoll und erfolgreich mit dieser zu kommunizieren.
- … wissen oft nicht, wie sie ihre vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen in den sozialen Medien oder grundsätzlich in die Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation übersetzen und einbringen können.
Beide Einrichtungsarten haben von ihrer Mentalität und Tradition her angesichts der genannten Aspekte nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für den Einstieg in die Social Media. Doch die grundlegenden Kompetenzen und Ressourcen sind durchaus vorhanden. Es gilt jedoch, diese sinnvoll zu nutzen.
Strategischer und durchdachter Einstieg
Das Wort Strategie wird im Zusammenhang mit Social Media und Öffentlichkeitsarbeit von sozialen und öffentlichen Einrichtungen oft sehr ambivalent wahrgenommen. Einerseits finden sie den Ansatz eines durchdachten Einstiegs, der Schritt für Schritt vonstatten geht, attraktiv und sinnvoll.
Andererseits werde ich in Workshops, Trainings und Beratungen – nein, heute war es nicht der Fall – damit konfrontiert, dass Strategie mit „groß“, „komplex“, „schwierig“ oder „schwer“ assoziiert wird. Diese Adjektive sind Ausdruck einer oft sehr tief sitzenden Angst oder Befürchtung: Dass eine Strategie für die Einrichtung und ihre Mitarbeiter nicht umsetzbar sein und diese überfordern könnte.
Doch eine Strategie muss gar nicht groß angelegt oder hoch aufgehängt sein. Ein strategischer Einstieg bedeutet für mich lediglich, dass sich Mitarbeiter und Berater – falls ein solcher im Boot ist – im Vorfeld Gedanken machen, Ziele festlegen und dann gemeinsam schauen, wie diese umgesetzt werden können.
Strategie reduziert Risiken und Arbeit
Entgegen der oft anzutreffenden Befürchtungen führt eine solide Strategie dazu, dass sich der Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter reduziert, die Kommunikation langfristig und nachhaltig aufgebaut und die Ziele auch erreicht werden können. Eine solide Strategie sollte aus meiner Sicht einige Kriterien erfüllen, um der beschriebenen Erwartung gerecht zu werden:
- Erwartungen und Ziele müssen von Anfang an klar definiert werden.
- Die verfügbaren Ressourcen sollten klar benannt sein.
- Leitende Stellen und Mitarbeiter sollten das Projekt unterstützen und voll dahinterstehen.
- Neben den finanziellen Ressourcen muss auch klar geregelt werden, welche Mitarbeiter dabei sind und wie viel Zeit diese für die Kommunikation bekommen.
- Kommunikation ist kein temporäres Projekt! Wenn sich die Einrichtung für den Einstieg entscheidet, muss klar sein, dass es sich um ein langfristiges Engagement handelt.
- Die am Projekt beteiligten Mitarbeiter sollten von Anfang an eingebunden werden. Nur wenn sie die Strategie verstehen und mittragen, können sie diese auch sinnvoll und überzeugend umsetzen.
- Bestehende Defizite und der vorhandene Auf- und Nachholbedarf müssen klar benannt und angegangen werden.
Und ja, diese Liste ist ungefähr so vollständig und abgeschlossen wie das Stuttgarter Prestigeprojekt S21 – also genau gar nicht. Das sind lediglich die aus meiner Sicht wichtigsten Aspekte, die eines verdeutlichen sollen: Strategisches und durchdachtes Vorgehen ist die essentielle Voraussetzung für erfolgreiche Kommunikation – on- wie offline.
Klingt furchtbar banal, oder? Ist es auch – doch bei Workshops, Beratungen und Trainings stelle ich immer wieder fest, dass auch die banalsten Grundlagen bei vielen sozialen und öffentlichen Einrichtungen noch nicht angekommen sind. Das ist – darauf lege ich Wert – kein Vorwurf und keine Anklage. Die Gründe dafür sind vielfältig und nur die wenigsten haben direkt mit fehlender Motivation oder gar mangelnder Kompetenz zu tun.
Es ist für mich beispielsweise völlig verständlich, das Sozialarbeiter, Erzieher oder Sachbearbeiter, die den ganzen Tag mit Klienten zu tun haben, sich nicht auch noch mit Social Media befassen wollen. Berücksichtige ich dann noch den – oft aufgrund von Personalmangel – hohen Arbeitsaufwand und die enorme Belastung, sinkt die Motivation für neue Themen verständlicherweise gegen null.
Wenn soziale und öffentliche Einrichtungen es mit dem Einstieg in Social Media ernst meinen, müssen sie damit beginnen, ihre Mitarbeiter zeitlich und arbeitstechnisch so zu entlasten, dass diese überhaupt an zusätzliche Arbeit und Social Media denken können. Fehlt bei Einrichtungsleitung und Führungskräften dieses Bewusstsein, muss über eine Strategie gar nicht erst nachgedacht werden.
Kommentare zu diesem Artikel
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[…] ihr dann konkreten Bedarf oder wollt ihr ein eigenes Konzept entwickeln, wird Euch das erstaunlich leicht fallen und ihr […]
[…] eine Haltung zum Ausdruck, die ich auch bei vielen anderen Mittelständlern vorfinde. Sie gehen den Einstieg in die Social Media frei nach dem Motto an: “Unsere Mitarbeiter informieren wir dann, wenn wir am Start sind. Sie […]