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27.01.2023 Von: Christian Müller Co-Autorin: Kira Subkowski Lesedauer: 32 Minuten

AWO DigiTeilhabe: Digitale Teilhabe aus der Praxis, für die Praxis #Podcast

Digitale Teilhabe ist einer dieser Begriffe, die in der Sozialen Arbeit viel verwendet, jedoch zu selten mit Leben und Substanz gefüllt werden. Ein Projekt, dass es anders macht und aus der Praxis für die Praxis denkt, ist www.awo-digiteilhabe.org.
Links ein Mikrofon, rechts der Titel der Folge

Im Sozialgespräch Podcast gibt Matthias Schug, seines Zeichens Projektleiter von AWO-DigiTeilhabe, im weiteren Verlauf auch mit DigiTeilhabe abgekürzt, Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Projektes. Was ich besonders positiv und wichtig finde: DigiTeilhabe hat nicht einfach los gelegt und am Reißbrett entschieden, was sie anbieten. Das Projektteam hat stattdessen viele Menschen befragt, an die sich die Angebote der Standorte richten.

Das ist zwar mehr Aufwand, sorgt aber dafür, dass reale Bedarfe und echte Probleme der Menschen adressiert und gelöst werden können. Anders gesagt: Es entstehen Unterstützungsangebote, die wirklich etwas für die Menschen bewirken, für die sie gedacht sind.

Eine solche Bedarfsorientierung wünsche ich mir auch von anderen Projekten in der Sozialen Arbeit. Denn so toll ich das DigiTeilhabe finde: Eigentlich ist es traurig, dass ich die aktive Einbindung der Zielgruppe als Besonderheit und positives Beispiel hervorheben kann, denn das sollte Standard sein.

Dank geht an Matthias Schug, AWO-DigiTeilhabe und die AWO Deutschland für die Zeit und Bereitschaft für das Interview. Viel Spaß beim Hören! Wir freuen uns über Kommentare und Feedback, auch via E-Mail, wenn ihr nicht öffentlich kommentieren wollt.

AWO DigiTeilhabe im Sozialgespräch Podcast: Transkription

Christian
Hallo und herzlich willkommen zu einem neuen Sozialgespräch Podcast. Ihr habt es im Titel gesehen: es geht um digitale Teilhabe. Heute mit einem ganz spannenden Projekt, wie ich finde.
Dafür habe ich einen Gesprächspartner eingeladen, der das Projekt in und auswendig kennt und diie treibende Kraft dahinter ist. Ganz herzlich willkommen, Matthias.

Matthias
Ja Christian, danke dir für die lobenden Worte. Ich freue mich sehr, dabei zu sein.

Christian
Ich freue mich sehr, dass du dir Zeit nimmst. Vielleicht zur Info, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, bevor wir gleich Matthias sich vorstellen lassen: Das Ganze angebahnt haben wir, wie einige Interviews hier, über Twitter. Wenn ihr das hier hört, ist das mitten nach einem Massaker Chaos. Aber Twitter ist immer noch relevant. Daher cool, dass das geklappt hat.
Matthias, für diejenigen, denen deine Stimme nix sagt: Stell dich bitte einmal kurz vor. Wer bist du, was machst du.

Matthias
Gerne. Mein voller Name ist Matthias Schug. Ich bin Projektleiter beim AWO-Bundesverband. AWO wird euch was sagen, einer der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, und ich leite da das Projekt DigiTeilhabe, was sich im Themenbereich digitale Teilhabe bewegt.

Und ja, was dieses Projekt tun möchte ist, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Armutserfahrungen den Weg in die digitale Welt zu erleichtern. Als Projektleiter koordiniere ich da viel und sorge unter anderem dafür, dass das, was wir da tun, nicht nur in unserer AWO-Familie bleibt, sondern an die Öffentlichkeit und darüber hinaus geht.

Christian
Digitale Teilhabe, ich schon mal, die Website heißt auch awo-digiteilhabe.org. Bevor wir da jetzt ins Projekt gehen, lass uns einen halben Schritt zurückgehen und eine kurze Begriffsklärung vornehmen. Ihr macht die auf der Website auch als Definition, aber hier nochmal: Was versteht ihr denn an der Stelle unter digitaler Teilhabe?

Was ist Digitale Teilhabe für die AWO?

Matthias
Es ist gut, dass du fragst, das ist ein wahnsinnig breiter Begriff, also einer, der viel umfasst. Vielleicht noch einen kleinen Schritt zurück. Warum überhaupt digitale Teilhabe?

Das lässt sich mit einer Zahl ganz gut zusammenfassen: 10 %. Zirka 10 % der Bevölkerung in Deutschland gilt als digital ausgeschlossen. Das heißt, dem fehlt digitale Teilhabe. Dadurch, dass die Digitalisierung ja inzwischen wirklich alle Lebensbereiche massiv durchdringt, sind solche Menschen ganz häufig von sozialem Leben, von Dienstleistungen usw. ausgeschlossen. Um den Begriff digitale Teilhabe so ein bisschen einzugrenzen, teilen wir den in drei Säulen ein.

  1. Das ist einmal Teilhabe an digitalen Technologien und Medien. Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen Zugang, die elementare Benutzung und Grundkenntnisse.
  1. Die zweite Säule ist Teilhabe durch digitale Technologien und Medien. Damit meinen wir vor allen Dingen die Verbesserung der eigenen Lebensqualität durch den Einsatz dieser Medien und dieser Technologien.
  1. Das Dritte geht einen Schritt weiter. Das bezeichnen wir als digitale Teilhabe in digitalen Technologien und Medien. Und das meint die Mitgestaltung des digitalen Raums. Das meint Präsenz in der digitalen Öffentlichkeit. Es meint aber auch, dass die eigenen Positionen in Digitalpolitik gehört werden oder das Erstellen eigenen Contents. In diesem Spannungsfeld bewegt sich das.

Menschen sind natürlich in diesen Säulen unterschiedlich unterwegs.

Christian
Das heißt ein dreiteiliges Modell von digitaler Teilhabe, drei verschiedene Aspekte und Facetten des gleichen Themas natürlich. Jetzt ist digitale Teilhabe als Begriff nicht komplett neu. Also ich erinnere mich irgendwie 2015 oder 2016, wahrscheinlich schon davor, habe ich die ersten Projekte wahrgenommen, die diesen Begriff verwendet haben.

Jetzt kann man natürlich darüber streiten, ob das früh oder spät dran war. Ich denke, für Deutschland war es relativ früh dran für das Thema, finde ich, weil da war es noch nicht so auf dem Schirm und da war es auch nicht so allgegenwärtig wie heute.

Dennoch die Frage: Wie kommt die AWO, das klingt jetzt fast schon kritisch, so ist es aber gar nicht gemeint, wie kommt die AWO auf die Idee, ein solches Projekt zu starten? Was ist die Motivation, die Intention dahinter? Vielleicht auch im Blick auf die schon bestehenden Initiativen in dem Bereich oder Themenfeld?

Warum hat die AWO das Projekt DigiTeilhabe begonnen?

Matthias
Die AWO hat ja eine wahnsinnige Breite an sozialen Dienstleistungen und dadurch ist sie nah am Menschen, sei es jetzt in Quartierszentren, Pflegeeinrichtungen, inklusiven Freizeiteinrichtungen usw. Und wir haben uns 2019 ein neues Grundsatzprogramm gegeben aus dem hervor geht: Es gibt eine digitale Transformation und die müssen wir sozial gestalten.

Das passiert im Moment nicht ausreichend. Die müssen wir teilhabeorientiert gestalten. Dazu brauchen Menschen Zugänge zu Geräten, aber eben auch Grundkenntnisse, um diese nutzen zu können. Das bedarf einer entsprechenden Bildung. Eine Möglichkeit, das eben umzusetzen, war, dass sich der Bundesverband auf den Weg gemacht hat, ein Projekt zu beantragen bei der Aktion-Mensch-Stiftung.

Das ist eben ein fünfjähriges Modellprojekt geworden, von dem wir jetzt hier heute reden, was auch schon seit über anderthalb Jahren läuft, wo wir versuchen, diese Wege aufzuzeigen. Du hast selber schon gesagt, das ist ein Thema, das ist noch nicht so alt in der Debatte ist. Wir haben uns mit Digitalisierung ganz häufig aus technischer Sicht beschäftigt. Was ist alles möglich, was können wir voranbringen?

Das ist total cool. Aber wir haben häufig vergessen, dass Digitalisierung heute kein Thema von Nerds mehr ist, sondern das alle betrifft und wir eben auch Senior*innen und Menschen mit Behinderungen oder einfach nur Personen, die bisher das nicht für sich entdeckt hatten, mitnehmen müssen. Da wollen wir eben geeignete Wege finden und vor allen Dingen auch zielgruppengerechte Wege.

Weil wir können nicht mit einer Art und Weise Menschen anzusprechen, alle passend erreichen. Jetzt gehen wir eben einen Schritt zurück vor der Pandemie. Da haben unsere Pläne angefangen, da haben wir uns Gedanken gemacht, wie erreichen wir die digital Ausgeschlossenen? Das waren zu dem Zeitpunkt noch deutlich mehr, da waren es noch 15 bis 20 % und wir haben eben dieses Projekt geplant.

Wir haben das aber ein Stück weit offengelassen, weil wir damals Einrichtungen die Möglichkeit geben wollten, eigene Teilprojekte zu entwickeln, genau dann eben passgenau für ihre Zielgruppen. Das ist auch passiert.

Und dann kam diese Pandemie, als dieses Projekt schon halb geplant war und fast beantragt und hat wahnsinnig viele Entwicklungen unheimlich beschleunigt. Also es ist jetzt wenig abgefahren Neues passiert, außer, das haben wir ja alle erlebt, dass das, was bisher nicht an Digitalisierung passiert ist in Deutschland, in Rekordzeit nachgeholt werden musste.

Nicht überall gut und wir haben auch gesehen, was das für marginalisierte Gruppen heißt. Also Familien, die sich eben nicht mehrere Endgeräte leisten konnten oder zu wenig Datenvolumen haben, wo dann Kinder nicht am Unterricht teilnehmen konnten. Oder wo es allein schon Herausforderung war, einen Kitaplatz digital zu buchen, das Essen bei der Kita digital zu buchen, das konnten manche Leute einfach nicht.

Die haben dann Hilfe von Quartiersmanager*innen in Anspruch genommen, die dann, deswegen kenne ich das, in meinem Projekt waren oder sich eben auch aufgrund solcher Erfahrungen beworben haben und gesagt haben: Wir müssen jetzt hier was ändern, damit solche basalen Grundbedürfnisse befriedigt werden können und passende Hilfesysteme implementiert werden, Kompetenzen vermittelt werden. Das hat uns total motiviert.

Am Anfang, also wir sind gestartet in Pandemiezeiten, witzigerweise sehe ich die ganzen Koordinator*innen erst nächste Woche zum Ersten Mal live und bisher immer nur online abgesprochen. Also ein bundesweites Netzwerk, was ja heute selbstverständlich sich online trifft. Das wäre vor Pandemie Zeiten ja auch undenkbar gewesen, dass man sich noch nie gesehen hat.

Christian
Oh ja, da hat sich viel getan. Das heißt, ich überspitze so ein bisschen ohne das Böse zu meinen, aber euer Projekt hat de facto schon auch so ein bisschen von der Pandemie oder der Notwendigkeit des Digitalen profitiert. Ich glaube schon, dass da eine Offenheit drin war, die sonst nicht unbedingt immer so gegeben gewesen wäre. Vermutung.

Du hast so in einem Nebensatz gesagt, auch zielgruppenspezifisch, „Wir können ja nicht alle auf die gleiche Art abholen oder mitnehmen oder adressieren“ nenne ich es jetzt mal. Lass uns da tiefer reingehen.

Wen adressiert ihr denn? Wer sind denn die Zielgruppen für euer Projekt und auch die Standorte, die ich da im Projekt sehe, auf der Website?

Wer ist die Zielgruppe von DigiTeilhabe?

Matthias
Der Oberbegriff ist Menschen mit Arbeitserfahrung, Menschen mit Behinderungen. Und das ist wieder eine sehr breite Gruppe. Ich werde nicht alle Menschen, die sich zu dieser Gruppe zugehörig fühlen, erreichen können. Deswegen kann man es eben schön, wie du das gerade gesagt hast, mit diesen Standorten fassbarer machen.

Ich habe eben schon gesagt, das sind sechs Einrichtungen der Arbeiter*innenwohlfahrt, das sind Quartierszentren, also Zentren, die in den Quartieren versuchen, ein soziales Miteinander zu stärken. Das sind inklusive Freizeiteinrichtungen. Die Bedarfe in diesen Einrichtungen sind jeweils unterschiedlich.

Das sind dann zum Teil Menschen, die eine Behinderung haben und die aufgrund ihrer Behinderung Unterstützungsbedarf haben, auch bei digitaler Teilhabe. Das sind zum Teil Menschen, die in den Quartieren aufgrund von Armutserfahrungen eben nicht die neuen tollen Geräte haben, um alle Trends mitzumachen oder die vielleicht, weil sie ja ein bisschen älter sind, Probleme haben, diese ganzen neuen Entwicklungen mitzunehmen. Da müssen jeweils passende Ansprachen gefunden werden.

Zum Beispiel: Ich habe ein Quartierszentrum, die in Münster Karla sitzt und die sagen: „Hey, wir arbeiten hier viel mit migrantischen Frauen, die haben ganz besondere Bedürfnisse. Also vor allen Dingen, weil sie eben manche Sachen aufgrund von Sprachbarrieren schwieriger mitbekommen. Und für die machen wir jetzt ganz spezielle Kurse zum Thema digitale Teilhabe. “ Und die fangen ganz basal an. Wir richten eine E-Mail-Adresse ein. Wozu braucht die überhaupt die E-Mail? Natürlich, damit ihr euch weitere Accounts machen könnt.

Das konnten die vorher gar nicht und waren ausgeschlossen, nur weil ihnen eine E-Mail-Adresse fehlte. Können wir uns gar nicht mehr vorstellen. Genau bei solchen Dingen bin ich auf die Standorte angewiesen, weil die die Zielgruppen sehr gut kennen und dann eben auch passend für die Angebote entwickeln können. Von denen lerne ich wahnsinnig viel.

Also die Bedeutung von Schutzräumen. Wir haben eine Begegnungsstätte für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen dabei und die sagen immer wieder: „Wir müssen unseren Klient*innen in in ganz kleinen Häppchen Dinge zeigen, ihnen Zeit lassen.“ Die haben ein Jahr Vertrauensaufbau im Projekt gemacht und dadurch was Enormes erreicht.

Das klingt jetzt klein, ist für diese Menschen aber wahnsinnig groß. Und zwar: Als die angefangen haben, hieß es von den Klienten „Ach nee, Handys PCs brauchen wir alles nicht. Wollen wir nicht. Haben wir mal ausprobiert, ist doof.“ Und nach einem Jahr immer wieder Beschäftigung mit dem Thema war Interesse da. Die wollten Dinge ausprobieren, die haben sich Smartphones zugelegt oder ausprobiert.

Also allein schon diese Verhaltensänderung. Das ist so ein schöner Erfolg, den ich immer wieder betone. Da sieht man aber auch leider, wie intensiv das Thema ist, also wie viel Personen-Intensivität man da reinstecken muss.

Christian
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ihr seht mich nicht nicken, aber ich nicke die ganze Zeit zustimmend, im Video, das wir gerade für die Aufnahme nutzen. Ja, ich denke, da merkt man auch: So digita das Thema an sich ist, so zwischenmenschlich sozial muss der Kontakt sein, der Zugang dazu. Das Digitale klappt halt nur wenn Menschen davor da sind, die dabei helfen, diese Hürden zu überwinden tatsächlich.

Du meintest das klingt klein, aber um das mal einzuordnen für die Zuhörerinnen und Zuhörer: Es mag klein ein klingen zu sagen „E-Mail-Adresse jetzt erst einmal einrichten, dann klappt das schon.“ Versucht euch mal ganz kurz bewusst zu machen im Alltag, wie viele Dienste, Anmeldungen und sonstige Sachen klappen oder laufen über E-Mail. Und jetzt rechnet die alle mal raus aus dem Leben, dann wird das ziemlich anspruchsvoll und mühsam auf einmal. Von nötig für Ämter, Behörden mal ganz abgesehen, was es immer mehr wird tatsächlich.

Also ich glaube das klingt banal, liegt aber nur daran, dass wir es als selbstverständlich und gegeben hinnehmen, als Voraussetzung. Ich glaube, da haben wir uns an vieles gewöhnt, was gar nicht so selbstverständlich ist, wie wir es vielleicht manchmal gerne glauben.

Matthias
Richtig. Und ich würde noch ergänzen: Unsere Zielgruppen nehmen die digitale Welt hochkant wahr, also durch das Smartphone. Und da ist einerseits das Smartphone ein wahnsinniger Meilenstein, weil plötzlich digitale Technologien und Medien für eigentlich alle Menschen greifbar sind und zwar wirklich greifbar sind.

Das war ja vor zehn Jahren noch nicht so und da ist es günstiger geworden, heutzutage, sich eben am digitalen Leben zu beteiligen. Und es ist viel schneller geworden. Das ist alles wunderbar und vor allem auch barrierefreier. Die mobilen Betriebssysteme sind deutlich normalerweise barrierefreier, als das was der durchschnittliche Laptop mit sich bringt. Gleichzeitig werden Digitale Produkte in der Regel noch von Menschen am Rechner entwickelt und dementsprechend sieht man das an den Ansichten. Durch die Änderung das vieles durch Apps kommt hat sich zwar so einiges getan, aber trotzdem sind viele Webseiten eben nicht darauf optimiert, dass Menschen mit dem Smartphone sie wahrnehmen und sind auch häufig nicht darauf optimiert, dass Menschen mit geringen Datenvolumen sie wahrnehmen.

Also wir dürfen ja nicht vergessen, dass gerade Menschen mit Armutserfahrungen in der Regel nicht teure, tolle Flatrates haben, sondern eher kleine Datentarife und sich dann vielleicht doch überlegen lade ich jetzt eine sehr Ressourcenintensive Website oder nicht?

Und ja, da lässt sich glaube ich auch noch ein weiteres Thema mit reinbringen. Die Wohlfahrtspflege hat ja bei digitaler Teilhabe auch einfach jahrelang geschlafen. WLAN in Einrichtungen gibt es noch lange nicht. Flächendeckend wird immer mehr, dass viel passiert. Aber auch da müssen wir uns ein bisschen an die eigene Nase packen.

Christian
Mal davon abgesehen, dass uns ja mit uns meine ich jetzt wo Wohlfahrtspflege oder auch soziale Arbeit nicht komplett, aber in der Fläche zumindest auch zum Teil die Kompetenzen Expertise fehlen, um dann teilweise auch sprachfähig zu sein, wenn es dann um Sachen wie digitale Barrierefreiheit oder Appentwicklung usw. geht. Also wir haben die Kompetenzen durchaus, ich sage jetzt nicht, die sind gar nicht vorhanden, aber von flächendeckend sind wir da schon noch ein Stück weit weg. Würde ich mal ganz freundlich behaupten. Da ist noch Luft nach oben.

Du hast gerade so ein bisschen anklingen lassen, die Wohlfahrtspflege oder Wohlfahrt generell hat da eher so ein bisschen geschlafen. Ja. Frage dazu. Was du uns erklärt hast, war viel für die Zielgruppen für Klienten, den Klienten ganz alltagspraktisch, ganz konkret, sozialarbeiterisch auch, würde ich sagen. Macht total Sinn für mich, aber gibt es auch eine Komponente, ich nenne es mal deren Lobby Sozialpolitik, die gesellschaftliche Ausrichtung in dem Projekt. Für mich klingt das so, als würde es sich anbieten, das auch zu nutzen, um diese Bedarfe wieder erkannt werden Richtung Politik und EntscheiderInnen zu tragen. Das ist auch eine Komponente des Projekts.

Wie wichtig ist soziapolitische Lobbyarbeit für digitale Teilhabe?

Matthias
Das schreiten danach und das ist tatsächlich eine Komponente des Projekts. Die haben wir bisher noch nicht intensiv angegangen, weil wir erst eigene Erfahrungen sammeln wollten. Also wir wollen wirklich genau in die Zielgruppen hineinhorchen, die Erfahrungen, die wir dann machen, in politische Forderungen wandeln. Und damit beginnen wir jetzt also auch in der Absprache mit anderen Wohlfahrtsverbänden, um gezielt zu gucken, wo muss ich was ändern.

Aber ich kann, glaube ich, schon mal spoilern. Digitale Teilhabe sollte genauso ein Menschenrecht sein wie der Zugang zu Bildung und Infrastruktur und es sollte dann auch leistungsrechtlich ausgestattet sein. Und das ist im Moment viel zu wenig. Also der aktuelle Hartz IV Satz gut, hoffentlich bald durchs Bürgergeld ersetzt, sind glaube ich 36 € irgendwas für Nachrichtenübermittlung vor und das Smartphone, Laptop, Internetanschluss, mobile Daten. Alles mit drin. Sportlich.

Christian
Sportlich ist sehr, sehr diplomatisch formuliert. Das für 36 € ist schon mehr als eine Herausforderung, würde ich sagen. Wer jetzt nur an den Daten Tarif denkt. Natürlich bekomme ich für 36 € ordentliche Tarife. Das ist aber nicht der Punkt. Die Anschaffung der Gerätschaften und Co spielt ja auch eine Rolle. Und rechnen wir die mal kurz über die Zeit, dann sind 36 € echt wenig, wenn ich mir die Preise angucke für solche Geräte.

Das heißt, diese Lobby oder gesellschaftliche Aspekt der Anwaltschaft, ich nenne es mal so, findet auf jeden Fall statt, der kommt jetzt auch. Du hast gerade so anklingen lassen, ich vermute, wenn ihr jetzt die gesammelten Erfahrungen aufbereiten könnt, auswerten können, dass das dann praktisch die Agenda mehr oder weniger informiert, die es Richtung Lobby gehen wird.

Ich hatte mir das Projekt natürlich angeschaut, awo-digiteilhabe.org. Die Website ist super mit allen Texten barrierefrei. Das ist sehr schön gemacht. Also tut auch das, was ich möchte und ich sehe die Standorte da drinnen. Ich sehe auch den Punkt mitgestalten. Ich sehe auch das Blog.

Es stellt sich mir so ein bisschen die Frage, wenn ich jetzt Zuhörerin oder Zuhörer bin von diesem Podcast. Ich habe das gehört, ich schaue mir die Website an, ich habe vielleicht und das gilt für viele unserer Zuhörerinnen und Zuhörer, was mit sozialer Arbeit zu tun, jetzt möchte ich mir das genauer angucken um mich beteiligen. Ich möchte wirklich aktiv werden, Wie mache ich das denn optimalerweise?

Wie kann man sich an DigiTeilhabe beteiligen?

Matthias
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die eine ist, sich erst mal selber weiter zu informieren. Wir haben auf der Webseite jede Menge Links, Videos und Hinweise zu Dokumenten, zu Webseiten usw. Und das heißt, da kann man sich, glaube ich, recht umfassendes Bild über digitale Teilhabe und digitale Barrierefreiheit machen.

Und dann gilt es natürlich, das Thema auch in die eigene Einrichtung, den eigenen Verband zu tragen. Also du hast es ja gerade schon gesagt digitale Barrierefreiheit ist was, wo wir sicherlich alle noch ein bisschen besser werden können, da nehme ich uns nicht aus. Da lernen wir auch noch viel! Da haben wir bei der Website viel gelernt. Da kann ich vielleicht gleich noch mal drauf zurückkommen. Es gibt aber auch die Möglichkeit erste Share-Pics, die wir da veröffentlicht haben, wo wir eben schon so Ansätze von politischen Forderungen drin haben zu teilen und die vielleicht mit eigenen Erfahrungen, eigenen Forderungen zu würzen. In sozialen Netzwerken, wo wir gerade schon über Twitter gesprochen. Da würde ich mich total drüber freuen.

Und es gibt natürlich die Möglichkeit, sich in einem bundesweiten Netzwerk zu digitaler Teilhabe, was wir gerade innerhalb der AWO aufgebaut haben und beginnen, auch für Menschen außerhalb der AWO zu öffnen, sich zu beteiligen. Da kommen wir einmal im Quartal zusammen und wir schauen uns Best Practice Beispiele an, gucken, wo hat jemand gerade ein Thema, wo andere vielleicht drauf kommen können mit ihrer Expertise. Das ist eine sehr angenehme und schöne Runde.

Wir bieten Qualifizierung an, einmal im Quartal, das ist ein Online Seminar von anderthalb Stunden. Das kann man sich wunderbar mal geben an einem späten Nachmittag. Und dann gibt es sicherlich auch an den Standorten, wenn man zufällig in der Nähe wohnt, die Möglichkeit, sich als Ehrenamtliche mit einzubringen. Und wir freuen uns über Kooperationspartner. Wer Lust hat, mit uns zusammen an digitaler Teilhabe zu ziehen, ist willkommen.

Christian
Okay, da waren es drei Sachen drin, die ich kurz noch mal detaillierter haben möchte. Nummer eins Du hast gerade gesagt, es gibt langsam ein Netzwerk, das auch außerhalb der AWO wirkt oder offen ist. Wo finde ich da mehr Informationen zu.

Matthias
Auch auf der Webseite. Unter mitmachen alles, was ich gerade erzählt habe, kann man da nachlesen.

Christian
Perfekt. Dann mitgestalten, mitmachen. Das ist der Weg. Findet ihr auch verlinkt hier ein der Zeitmarke: awo-digiteilhabe.org/mitmachen/

Nummer zwei. Du hast gerade gesagt, ihr freudiger Kooperationspartner. Gib mir da mal drei vier Sätze zu, bitte. Oder gerne auch ein paar mehr. Was genau für Kooperationen schweben euch da vor? Für was genau wünscht ihr euch denn Kooperation? Slash Support?

Matthias
Einerseits freuen wir uns natürlich über Erfahrungen aus anderen Einrichtungen und Verbänden. Das Thema wird ja nicht nur bei der AWO behandelt. Das gibt es, das weiß ich auch, in anderen Verbänden, Projekte und da noch mal intensiver zueinander zu kommen, da freue ich mich drauf und da sind wir dran. Das ist das eine und das andere.

Zusammen Forderungen entwickeln und an die Politik adressieren ist glaube ich, das, was ansteht. Da würde ich ungern als ein Wohlfahrtsverband losgehen, sondern das lieber mit Partnerinnen zusammentun, da eine stärkere Stimme zu haben und da freue ich mich über Verbündete.

Christian
Wunderbar. Also die Aufforderung so wie ich es verstehe, lasst uns zusammen gucken, dass wir da Veränderungen fürs Positive erreichen, sage ich mal. Ich gehe davon aus, widerspreche mir bitte, wenn ich jetzt falsch liege. Das ist natürlich auch mit, ich sag mal Interessenvertretungen der Leute, der Zielgruppen die ihr adressiert zusammenarbeitet, also Menschen mit Behinderung und Co. Wenn die sich bereit erklären oder bereit sind, mit euch zu arbeiten, zu kooperieren, dass ihr denn nicht abgeneigt sein werdet. Starke Vermutung.

Matthias
Überhaupt nicht. Zum Teil arbeiten wir mit denen schon zusammen. Wir haben einen Fachbeirat. Da sind neben Universitäten und anderen Wohlfahrtspflegeträgern auch Menschen aus Selbsthilfe Gruppierungen. Die sind mit dabei in diesem Fachbeirat. Aber wir freuen uns natürlich da auch über weitere Kooperationspartner, die Lust haben, mit uns zusammen zu gehen.

Christian
Der dritte Punkt. Damit bist du zwar eingestiegen, ich mache es jetzt umgekehrt chronologisch, aber das ist der, wo ich tatsächlich gerne ein bisschen mehr Raum einräumen würde. Du hast so anklingen lassen, wir haben bei der Webseite auch viel gelernt in Sachen Barrierefreiheit.

Ich habe es davor schon gelobt dafür, dass sie recht barrierefrei ist. Nimm uns doch gerne einmal mit in die Erfahrung der Website und generell in die Erfahrung des Projekts, gab es so Punkte, wo du sagst, es hat euch wirklich überrascht und das sollten andere, die auch sich dem Thema beschäftigen, auf dem Schirm haben, was es da so an Erfahrung vielleicht hängengeblieben oder sticht so heraus.

Welche Erfahrungen gab es während des Projekts? Was hat euch überrascht?

Matthias
Also ich würde mal mit der Webseite anfangen und es vom Konkreten in etwas Allgemeinere zu gehen. Mehrere Dinge, die bei der Webseite mich überrascht haben ist einmal, meine Zeitpläne haben nicht funktioniert. Überrascht bei Digitalprojekten vielleicht nicht jeden, aber es hat doch deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen. Und sicherlich auch, weil wir uns viel Zeit genommen haben, die Zielgruppe mit einzubinden. Dann immer an mehreren Schritten.

Und das hat nicht immer so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Also wir sind mit einem tollen Design reingegangen und dann war das Feedback ne, Leute, das hat auch Designerin sich toll ausgedacht, aber das passt nicht zu uns. Wir wollen es viel bunter, wir wollen es viel lebendiger haben und dann muss man das Design umwerfen. Das hat natürlich ein paar Wochen Verzögerung bewirkt. Aber jetzt ist es deutlich schöner und dadurch ansprechender geworden. Deswegen Ich bin für dieses Feedback total dankbar. Und andererseits aber auch natürlich die technische Umsetzung hat einiges an Zeit beansprucht. Das sollte man nicht unterschätzen. Das ist das eine.

Das zweite habe ich gerade schon halb gesagt, und zwar Zielgruppeneinbindung ist wahnsinnig wertvoll. Und das sollte man nicht erst machen, wenn die Webseite steht, sondern wirklich schon mit dem ersten Konzept, damit man nicht hinterher alles wieder umwirft. Wir haben das jedes Mal, wenn so ein Meilenstein da war getan. Wir haben ja bei uns aktive Projektteams aus Menschen mit Behinderung, mit Arbeitserfahrung.

Und das Feedback war echt wahnsinnig wertvoll. Und das Allerbeste ist die Menschen, die uns Feedback gegeben haben, haben sich selber sehr wertgeschätzt gefühlt, dass sie unsere Webseite testen durften. Die haben also selber davon profitiert und dann ganz tolle Entwicklungsschritte gemacht. Also dass beide Seiten was von habt. Das war eine schöne positive Überraschung für beide Seiten, was die Barrierefreiheit angeht.

Am Anfang, als ich mich mit dem Thema Webseite beschäftigt habe, bin ich so ein bisschen davon ausgegangen, aufgrund von Best Practices Beispielen, man legt da einfach so ein Programm drüber. Das macht dann die Barrierefreiheit und das hat dann tolle Optionen mit Schriftgröße größer machen usw. und dann ist alles gelaufen und ich habe mich dann mit Menschen unterhalten, die selber ja als Beraterin für Barrierefreiheit unterwegs sind und eine Behinderung haben und die das eben sehr lebendig beschreiben können.

Die sagten so ne, das ist genau das Falsche, das macht Barrierefreiheit eher kaputt. Ihr müsst die Seite selber barrierefrei bauen und eben darauf achten, dass die solide programmiert ist und dass auch der Content dann solide eingepflegt ist, also dass man gewisse Vorgaben beachtet und die sind auch nicht schwer zu beachten. So wird eine Seite barrierefrei. Nicht, wenn man hinterher Pflaster draufklebt. Und das war eine Erfahrung, die musste man verdauen. Und jetzt, wo ich so meinen Prozessen drin habe tut es der Webseite gut, tut es mir gut.

Christian
Definitiv. Die Erfahrung mit Barrierefreiheit habe ich schon öfter gehört in Projekten, dass es doch mehr Aufwand ist, als man vor vielleicht hofft oder denkt, je nachdem. Das ist so der Beweis dafür, dass sieht man ja auch in eurer Website, wenn man es dann ordentlich macht, funktioniert es auch ziemlich gut. Und sind Leute auch mitgedacht.

Matthias
Ein kleiner Satz noch dazu. Barrierefreiheit nützt ja nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern es nutzt auch zum Beispiel die Seite sehr gut responsives Menschen, die im Smartphone unterwegs sind. Und das nutzt Seniorinnen, die auf eine größere Schrift angewiesen sind usw. und so fort. Und es nützt auch der Suchmaschinenoptimierung, das heißt, dass er angezeigt. Also habt ihr auch was davon.

Christian
Da wollte ich gerade hin, weil das ja genau die Fragen gewesen. Barrierefreiheit ist ja ein Thema, das viele Zielgruppen erreicht und nicht nur die in Anführungszeichen, ihr jetzt explizit adressiert. Habt ihr denn auch von anderen Zielgruppen oder Seiten so als positiven Nebeneffekt quasi Feedback bekommen zu der Arbeit und zu den Projekten und Angeboten, die ihr habt. Gab es da irgendwie Zielgruppen, mit denen ihr vielleicht auch nicht gerechnet habt, die sich angesprochen gefühlt haben oder davon profitiert haben?

Matthias
Also zumindest was die Webseite angeht, höre ich auch immer wieder von Fachkräften, die es gut strukturiert, die es ansprechend und ja, das ist eine Zielgruppe die ich auch am Radar habe, aber die ich gerade so vom Design her jetzt weniger intensiv mit eingebunden habe und man sieht also eine barrierefreie Seite, das erfreut auch das Auge von einer Fachkraft und dann die Übersichtlichkeit kommt auch bei denen gut an. Da haben alle was davon und.

Christian
Definitiv.

Matthias
Die Frage von eben vielleicht noch mal aufgreifen. Was haben wir gelernt, wenn wir jetzt nicht nur auf diese Webseite, sondern auch auf das Gesamtprojekt gucken? Und das Teil habe ich schon gesagt, aber ich fange vielleicht mit einer neuen Sache an. Es geht bei digitaler Teilhabe inzwischen ganz häufig nicht mehr um Zugänge. Also gerade so vor fünf, sechs Jahren haben wir uns immer noch damit beschäftigt, wie kriegen wir WLANs überall hin, wie kriegen wir ausreichend Geräte überall hin? Das war auch in der Pandemie ein Riesenproblem.

Inzwischen sehen wir das nicht mehr so als ein Problem. Eigentlich hat fast jeder ein Smartphone, der es haben möchte. Es geht eher dann um Details, wie Datenvolumen, Deutschland hinkt hinterher. Netzausbau usw. Und eine weitere Sache, die ich ganz wichtig finde, die wir gelernt haben, die mich total überrascht hat.

Man kommt gerade in dem Themenfeld nicht mit irgendwelchen curricularen Angeboten weiter. Also zumindest, wenn wir marginalisierte Zielgruppen erreichen wollen, dann müssen das sehr niederschwellige und sehr individuelle Angebote sein. Beratung in Cafes, wo Menschen mit Problemen hingehen können, um überhaupt erst mal Vertrauen aufzubauen, Lust zu bekommen, sich mit den Geräten auseinanderzusetzen, zu merken, das ist kein totales Hexenwerk.

Ich habe da eine gewisse Hoheit darüber, wenn ich zwei, drei Sachen weiß. Und dann kann man curriculare Angebote, Workshops, Schulungen hinterher schieben. Aber der Einstieg muss ein anderer sein, und das wird an vielerlei Stelle falsch gemacht, glaube ich. Also es gibt tolle VHS Angebote, zum Beispiel wo ich gehört habe aus dem Quartieren, ja super, aber viel zu ausführlich, viel zu lang, können sich Leute nicht leisten. Und das spricht dann sicherlich einige Zielgruppen an, aber eben gerade nicht die, für die ich jetzt unterwegs bin.

Christian
Ja, das ist das Problem glaube ich, das ist meine Erfahrung. Ich habe so was ja auch durchaus begleitend versucht und auch gemerkt, dass das nicht so gut ankommt, wie man sich das vielleicht selber wünscht. An ein Feedback, das wir ganz oft gehört haben in verschiedenen Kontexten, war total spannend, aber löst das Problem gerade nicht.

Ich habe ein Problem. Das hätte ich jetzt gern gelöst, wenn das gelöst ist und dann können wir drüber reden. Aber jetzt gerade will ich nicht lernen, sondern ich will wissen, wie es geht und helfe mir. Und das ist halt, glaube ich das, so klingt es zumindest, was ihr in euren Standorten sehr viel konkreter macht.

Ihr geht erst mal praxisorientiert an die Bedürfnisse in dem Augenblick ran. Und wenn dann sich langsam Raum schafft, dadurch, dass der Druck nachlässt, die Probleme sich etwas reduzieren, dann wird Raum für Wissensvermittlung oder Skill Building, wie man es denglisch nennen würde, tatsächlich geschaffen. Also von daher klingt das nach einem praxisorientierten Ansatz, denn ihr habt.

Matthias
Hat aber auch eine Herausforderung, die wir nicht alle gelöst haben. Also gerade diese Brücke davon Leute kommen mit einem Problem, kriegen eine Lösung und gehen wieder. Wir wollen ja dann, dass die Leute wiederkommen, dass sie, dass sie Lust haben, sich weiter mit dem Gerät auseinanderzusetzen. Und das gelingt, aber eben noch nicht überall und noch lange nicht bei allen Menschen. Und da werden wir noch einiges zu lernen haben.

Christian
Aber das Lernen findet ja dann auch mit den Menschen statt, die es betrifft. Was dir vorher auch gesagt, die waren sehr angetan davon, dass sie zu Webseite beitragen und testen durften und konnten. Finde ich einerseits ganz positiv und freut mich auch. Andererseits habe ich so ein bisschen gezuckt, hast du vielleicht gesehen.

Das spricht für mich auch dafür, dass wir in der Sozialen Arbeit immer noch zu selten unsere Klienten einbeziehen und wirklich partizipativ kollaborativ integrieren in solche Projekte. Wenn das eine Ausnahme ist, spricht das nicht für den Regelfall. Ich nenne es mal so. Das ist leider nicht die positivste Art. Auf der anderen Seite ist es ein sehr positives Zeichen für euch an der Stelle und für das Projekt, das es da zeigt: Ihr habt sie eingebunden an der Stelle.

Ich habe noch zwei Fragen auf dem Zettel. Die eine ist, du hast schon von Kooperationspartnern und Partnern gesprochen potenziellen. Ich würde die ein bisschen ausweiten aktuell. Wenn du jetzt. Ich mache etwas schönes Bild, wenn die Wünsche-Fee vorbeikommt und Wünsche hast, nicht den Wunsch nach Weltfrieden und so, sondern relativ pragmatisch realisierbare Wünsche sag ich jetzt einfach mal. Was werden denn so eure Wünsche jetzt in Sachen digitaler Teilhabe auch gerne konkret das Projekt?

Was sind so die nächsten Schritte, wo ihr sagt, da würden wir uns schon Unterstützung wünschen. Tatsächlich, dass fänden wir eigentlich toll, wenn hier jemand zuhört und Mittel hat meldet euch bei uns. Wir sind offen dafür, was wäre da euer Wunschkonzert in Anführungszeichen.

Wie sollte es mit digitaler Teilhabe weitergehen?

Matthias
Einerseits würde ich mir wünschen, dass digitale Barrierefreiheit noch mehr zur gelebten Praxis in der Wohlfahrt wird. Da ist viel passiert in den letzten Jahren, aber ich glaube, da ist noch Luft nach oben. Da müssen wir auch glaube ich, noch die passenden Formen und die passende Ansprache entwickeln. Und da freue ich mich sehr über Unterstützung, wie wir Menschen aus der Zielgruppe einbinden können.

Und zwar nicht nur mal in so einem Projekt, sondern auch als was Dauerhaftes. Ich glaube, da braucht man gute Prozesse für. Wie können wir Menschen mit Behinderung, Menschen mit Arbeitserfahrung dazu befähigen, zu testen und Rückmeldung zu geben?

Da sind wir am Anfang, da haben wir einige Erfahrungen gesammelt, aber lange noch nicht ausreichend, um da gute Prozesse draus zu bauen und das in passende politische Forderungen zu adressieren. Das ist ebenfalls eine Herausforderung, die jetzt ansteht.

Das Letzte ist: Wir planen einen Hackathon, also eine große Veranstaltung, wo wir unsere Zielgruppen, aber auch Studierende der Informatik, um Menschen aus der aus der Fachwelt zusammenbringen wollen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und gemeinsam dafür technische Lösungen zu entwickeln. Prototypen zumindest.

Und da freuen wir uns ebenfalls über Beteiligte und auch über vielleicht Menschen, die sagen Hey, das ist cool, was ihr macht. Da würden wir gerne auch bei helfen, dass das langfristig etabliert wird.

Christian
Bei dem Hackathon werden sicherlich auch Studierende oder Fachkräfte der Sozialen Arbeit herzlich willkommen, so eine Vermutung.

Matthias
Ja, auf jeden Fall. Wir sind gerade noch in der Planung. Das wird erst in einem Jahr stattfinden. Aber bitte schaut gerne auf die Website. Spätestens in ein paar Monaten wird die Veranstaltungsankündigung zu sehen sein.

Christian
Sehr gut, da bin ich sehr gespannt. Ich hatte ja angekündigt, ich habe zwei Fragen. Die zweite und letzte ist wie immer, wenn jetzt hier Leute zuhören und sich ohnehin schon für das Thema digitale Teilhabe interessieren, sich das Projekt angucken, das total spannend finden, vielleicht jetzt aber nicht zu einem der Standorte hingehen können oder wollen, weil räumliche Entfernung, Zeit, Energie, whatever.

Aber sagen, ich finde das Projekt total spannend, inspirierend. Ich überlege selber ja, ein Projekt zu designen, aufzusetzen oder ich will für meine Arbeit Dinge mitnehmen.

Was wären denn so deine wichtigsten Tipps, wenn ich mich diesem Thema digitaler Teilhabe so näher möchte, wie ihr es vielleicht getan hat? Dass das wirklich praktisch wirksam wird und nicht auf einer überspitzt despektierlich theoretischen Metadiskussion im Internet bleibt, wo ich schöne Blogartikel schreiben kann, die hoffentlich barrierefrei sind, sondern ich tatsächlich Wirkung entfalten kann. Was wären deine Tipps für Fachkräfte oder angehende Fachkräfte der Sozialen Arbeit, die hier zuhören?

Welche Tipps hat die AWO für Digitale Teilhabe?

Matthias
Ich habe ganz viele meiner eigenen Annahmen über die digitale Teilhabe, die Bedürfnisse nach digitaler Teilhabe unserer Zielgruppe über den Haufen geworfen als ich selber angefangen habe Menschen zu befragen, also in den Standorten sind wir in die Quartiere gegangen und haben Menschen auf der Straße gefragt. Wir haben Teilnehmende von Maßnahmen befragt und das war unheimlich augenöffnend deswegen.

Bitte bindet euere Zielgruppe ein. Und zwar am besten vor Beginn des Projektes. Nehmt die mit in die Planungen und ja, dann werden auch passgenaue Angebote daraus. Das ist das eine. Beschäftigt euch mit einer Evaluation eure Angebote. Wirken die so, wie ihr das im Vorfeld geplant hattet und nehmt euch Zeit für die Menschen.

Das merken wir immer wieder. Es ist eben nicht mit einem schnellen Curriculum getan, was man irgendwo abwirft, sondern man muss sich Zeit für das Individuum nehmen, Vertrauen aufbauen, Probleme lösen und dann konkret gucken wie kann man deine Lebensrealität verbessern? Durch digitale Technologien.

Das ist wahnsinnig aufwendig. Häufig muss man dann mit Rückschlägen arbeiten usw., aber, das ist das, was Gewinn bringt und das, was ist das, was unsere Zielgruppe gerade nach vorne bringt, da wo wir arbeiten.

Christian
Das erfordert auch, so glaube ich, ein bisschen diesen Rückschritt vom eigenen fachlichen Ego nenne ich es jetzt einmal. Dieses ich weiß ja, wie’s geht. Ich kenne die Haltung auch von mir von früher noch, wie du selber gesagt hast. Ich glaube, dann wird man sehr, sehr offen und auch sehr bescheiden rangehen, sage ich mal, und die Zielgruppe hat wirklich erklären lassen was braucht sie tatsächlich?

Matthias
Genau.

Christian
Wunderbar. Matthias ich fand das super spannend. Es gibt eine Bonusfrage, die ich immer stelle. Die stelle ich dir jetzt auch. Die ist vielleicht ein bisschen fies, vielleicht auch nicht. Und zwar lautet die haben wir über etwas nicht gesprochen, worüber du eigentlich noch gerne sprechen würdest?

Matthias
Jede Menge, also gerade die politische Dimension von digitaler Teilhabe. Ich habe gerade anklingen lassen, wie müsste digitale Teilhabe leistungsrechtlich ausgestattet sein? Das wäre ein Thema. Und wie können wir Barrierefreiheit runterbrechen auf wenige gute Tipps? Ich glaube, da hätte ich auch inzwischen ein paar schöne auf Lager. Das machen wir dann hoffentlich in einer anderen Folge.

Christian
Man kann sagen, das klingt so, als müssten wir uns auch mal unterhalten. Ganz in Ruhe dann über das Projekt hinaus, sage ich jetzt einfach mal. Teil zwei des heutigen Gesprächs, das klingt super. Dann lass uns gleich im Anschluss nach dem Termin gucken, das machen wir jetzt. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ihr habt es gehört, da kommt noch mal eine Ausgabe.

Wie immer gilt das hat Spaß gemacht, aber ohne euch ist es nur die Hälfte vom Spaß. Deswegen, kommentiert gerne, stellt Fragen. Bei dir ist es auch auf Twitter. Ich würde sein Twitteraccount auch verlinken und natürlich das Projekt.

Meldet euch also gerne mit Fragen. Matthias ist da angetan, wenn ihr euch meldet und Fragen habt, unterstützen wollt. Spätestens zur Ankündigung des Hackathon sitzen wir noch mal zusammen. Das ist schon mal gesetzt, hiermit ganz offiziell. Und liebe Zuhörerinnen und Zuhöhrer euch danke für Aufmerksamkeit. Wie gesagt, ohne euch macht das nur halb so viel Spaß. Und Matthias Dir Danke für deine Zeit. Ich fand es extrem spannend und ich hoffe auf V2 in absehbarer Zeit. Danke dir!

Matthias
Ich danke dir für das Gespräch.

Christian
Danke. Dann bis zum nächsten Mal, meine Lieben. Machts gut. Und alle Links wie immer in den Shownotes.

Porträt Christian Müller

Christian Müller

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Christian unterstützt als Kommunikationsberater Soziale Einrichtungen, Bildungsträger, KMU und Start Ups auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Mit seinen Kunden entwickelt er Kommunikationsstrategien, schult Mitarbeiter und hilft dabei, die nötige Kompetenz inhouse aufzubauen. Das Ziel: Die individuell wichtigen Menschen zu erreichen, Gespräche zu initiieren und tragfähige (Kunden) Beziehungen aufzubauen.

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