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02.07.2019 Von: Christian Müller Lesedauer: 5 Minuten

Digitalisierung braucht die Erfahrung der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt

Digitalstrategien, Konzepte für Digitalisierung, Arbeitsgruppen, Expertenrunden ... fast scheint es so, als sei Digitalisierung für Soziale Arbeit und Wohlfahrt etwas völlig neue, bei dem wir von null beginnen. Doch das ist mitnichten der Fall. Denn Erfahrung und Kompetenz sind bereits vorhanden, wir müssen sie nur adaptieren.

Photo by You X Ventures on Unsplash

Immer wenn ich Sätze wie „die Digitalisierung bricht über uns herein“ oder „wir brauchen eine völlig neue Digitalisierungsstrategie“ im sozialen Bereich höre, stellen sich mir die Nackenhaare auf.

Nicht wegen des Begriffs der Digialisierungsstrategie – auch wenn ich persönlich den nicht mag, dazu mehr in einem eigenen Artikel – sondern wegen der mitschwingend Botschaft. Etwas überspitzt klingt die für mich so:

„Digitalisierung ist für uns Neuland und völlig unbekannt. Wir müssen da ganz von vorne anfangen und sind fast hilflos.“

Damit habe ich zwei Probleme:

Auf den letztgenannten Punkt will ich heute ein wenig genauer eingehen. Denn ich bin es leid, dass wir uns in Wohlfahrt und Sozialer Arbeit unter Wert verkaufen und vergessen, was wir alles für die Digitalisierung beitragen können.

Erfahrungen und Kompetenzen haben auch digital Bestand

Es ist zwar richtig, dass wir rein im Blick auf Grundsatzdiskussionen, Haltung und technischem Fortschritt im Sozialbereich ungefähr auf dem Level sind, auf dem KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) vor ungefähr drei bis fünf Jahren waren. Das ist zumindest meine Beobachtung.

Doch das bedeutet nicht, dass wir bei null anfangen.

Um diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, werfen wir gemeinsam einen Blick auf die Kompetenzen und Fähigkeiten, die im Prozess der Digitalisierung, des digitalen Arbeitens und der digitalen Kommunikation gebraucht werden.

Die Liste ist sicherlich nicht vollständig, gibt jedoch einen Überblick über die Aspekte, die mir im Kontext dieses Artikels wichtig sind:

Sicher, bei manchen Punkten fallen mir – und vermutlich auch dir – sofort Beispiele ein, bei denen diese Fähigkeiten und Kompetenzen nicht so vorhanden sind, wie wir uns das wünschen würden.

Das ändert jedoch nichts daran, dass die SozialarbeiterInnen mit ihrem Verständnis für zwischenmenschliche Kommunikation, soziale Prozesse, Gruppendynamik und die Bedürfnisse der schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft wichtige Akteure des Prozesses der Digitalisierung sein können.

Und im Blick auf die aktuell so gehypten Arbeitsmethoden erlaube ich mir den Kommentar: Design Thinking praktiziert die Soziale Arbeit, zumindest die grundlegenden Prinzipien, seit Jahrzehnten. Die Methoden klingen nur nicht so sexy, sind im Prinzip jedoch genau das, was gerade als moderne Arbeitsmethodik gefeiert wird

Digital braucht sozial, Digitalisierung braucht die Stimme der Sozialen Arbeit und Wohlfahrt

Das Jahresmotto der Caritas lautet „sozial braucht digital“. Da ist was dran, denn ohne digitale Elemente und der gezielten Anwendung unserer Erfahrung und Kompetenzen im Digitalen werden Soziale Arbeit und Wohlfahrt – von den KlientInnen ganz zu schweigen – sich schwer tun und an Bedeutung verlieren.

Doch umgekehrt braucht digital auch sozial und die Digitalisierung und all die damit verbundenen Prozesse und Diskussionen brauchen die Stimme von Wohlfahrt und Sozialer Arbeit.

Wer sollte sich denn bei Diskussionen und Arbeitsgruppen zu den Themen digitaler Bezahlmöglichkeiten – und der damit verbundenen Frage, ob Bargeld abgeschafft wird – zu Wort melden? Wer sollte daran erinnern, dass wir auch in Deutschland noch tausenden Menschen ohne Bankkonto und Zugang zu digitalen Zahlungswegen haben?

Wer denkt bei Diskussionen über Regeln für die Nutzung von Datenbeständen oder die Entwicklung von Algorithmen an die sozialen Auswirkungen? Wer macht sich dafür stark, auch die Bedürfnisse von Menschen mit finanziell schlechter Lage und geringer Kaufkraft zu berücksichtigen?

Meine Antwort: Außer Sozialer Arbeit und Wohlfahrt tut das niemand.

Das ist kein Vorwurf. Von VertreterInnen von Unternehmen erwarte ich nicht, dass sie an diese Aspekte denken. Es ist schlicht nicht in ihrem (offensichtlichen) Interesse und auch nicht ihr Auftrag.

Doch gerade deshalb ist es so wichtig, dass Soziale Arbeit und Wohlfahrt sich ihrer Erfahrungen und Kompetenzen bewusst sind und diese ins Digitale bringen. Technische Expertise können wir über PartnerInnen – beispielsweise das Zentrum für digitalen Fortschritt D64, den Chaos Computer Club, die Freifunk Community, Universitäten und Hochschulen – an Bord holen.

Doch die einzigartige und aus jahrzehntelanger sozialer Arbeit entstandene Erfahrung, über die wir in Wohlfahrt und Sozialer Arbeit verfügen, müssen wir einbringen.

Es wird Zeit uns darauf zu besinnen, was wir können, warum wir unsere Arbeit tun und das wir all diese auch im Rahmen der Digitalisierung nutzen können und müssen. Wir fangen nicht bei null an und was uns fehlt können wir uns mit PartnerInnen erarbeiten. Auf geht’s!

Porträt Christian Müller

Christian Müller

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Christian unterstützt als Kommunikationsberater Soziale Einrichtungen, Bildungsträger, KMU und Start Ups auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Mit seinen Kunden entwickelt er Kommunikationsstrategien, schult Mitarbeiter und hilft dabei, die nötige Kompetenz inhouse aufzubauen. Das Ziel: Die individuell wichtigen Menschen zu erreichen, Gespräche zu initiieren und tragfähige (Kunden) Beziehungen aufzubauen.

Kommentare zu diesem Artikel

Trudi  |   31. Juli 2022 um 15:56 Uhr

Es stimmt, dass Digitalisierung im Sozialbereich keine komplettes Neuland ist. In den meisten Berufsspaten findet schon seit jahren eine digitale Umrüstung statt, die nach und nach durch spezialisierte Firmen wie susietec adaptiert wird. Manche Unternehmen lassen einiges auf einmal umrüsten, andere gehen die Schritte langsamer. Ziel ist es ja, die Fehlerquote zu verringern und Daten nützlich weiter zu geben, sodass leichter darauf zugegriffen werden kann, als im analogen Bereich. Da ist es natürlich auch wichtig, dass Datensicherheit gewährleistet werden kann. Ich sehe es auch so, dass die Fachkräfte keineswegs bei Null anfangen! Bestehende Kompetenzen, die wichtig sind für den Job, insbesondere im sozialen Bereich ersetzen ja keine neuen Betriebssysteme. Von Menschen muss man ein Verständnis haben, das ist natürlich klar. Allerdings kann durch Digitalisierung einiges erleichtert werden. Es bedarf einer Weiterentwicklung, die an die Technologie angepasst wird, das macht das Personal ja nicht weniger kompetent. Geht uns ja allen so. Es wird ständig etwas erneuert, man muss andauernd was dazu lernen, das ist ja normal und macht den Job abwechslungsreich 😉

Christian Müller  |   31. Juli 2022 um 16:02 Uhr

Hallo Getrude,

danke dir für deinen ausführlichen und hervorragenden Kommentar. 🙂 Den kann ich nur unterschreiben und wäre es eigentlich wert, im Artikel oben integriert zu werden. Dürfte ich den als Ergänzung einbauen?

Viele Grüße,
Christian

Trudi  |   30. September 2022 um 07:46 Uhr

Hallo Christian, sorry für die verspätete Antwort! Es freut mich, dass dir mein Kommentar gefällt und natürlich geht es für mich klar, wenn du den noch in deinem Artikel einbauen möchtest. Liebe Grüße Trudi

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