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22.09.2021 Von: Christian Müller Lesedauer: 10 Minuten

SMART Ziele ade: Die GUT-Methode als Alternative für Kommunikation und Soziale Arbeit

SMART-Ziele kennt vermutlich jede:r. Doch seit einigen Monaten nutze ich in meiner Arbeit einen anderen Ansatz der Zieldefinition: GUT. Für viele Kommunikationsteams und Teams aus Sozialarbeiter:innen funktionieren GUT-Ziele besser als SMART-Ziele. Warum das so ist und wofür GUT steht, das erfährst Du im Artikel.

Vorweg die Antworten auf die drei häufigsten Fragen, die ich im Zusammenhang mit GUT zu hören bekomme (außer: „Wofür steht GUT?“, dazu komme ich gleich):

  1. Von wem stammt GUT? Antwort: Von mir – zumindest in meiner Wahrnehmung. Mir ist nicht bewusst, GUT in einer anderen Quelle gelesen zu haben. Falls jemand eine kennt: Bitte schreib sie mir in die Kommentare.
  2. Löst GUT die SMART-Methode ab? Antwort: Nicht generell, in meiner Arbeit jedoch im Bereich der Kommunikation – intern wie extern – und bei organisations- und menschenbezogenen Zielen.
  3. Warum eine neue Methode zur Zieldefinition? Antwort: Weil SMART sich in meiner Arbeit bei Kommunikator:innen und Sozialarbeiter:innen nicht immer als anschlussfähig oder hilfreich erwiesen hat. GUT entstand aus der Notwendigkeit heraus, einen besseren Zielansatz zu finden.

Ein Hinweis noch vorab: Arbeitest Du im Marketing oder im wirtschaftlichen Bereich, auch in der wirtschaftlichen Leitung einer Sozialen Einrichtung, ist die GUT-Methode für Dich vermutlich nicht relevant und der Artikel eher uninteressant.

Sind zahlenbasierte Ziele jedoch ohnehin nicht Dein Fall und arbeitest Du in der Kommunikation im Sozialbereich direkt mit Menschen oder an der Organisationskultur und Haltungsthemen, kann GUT ein hilfreiches Werkzeug für Dich sein.

Die Geschichte der SMART-Ziele

Wikipedia schreibt die Entwicklung der SMART-Methode dem bekannten Unternehmensberater Peter Drucker zu. Aus historischer Sicht liegt der Ursprung meiner Recherche nach jedoch eher bei Georg Doran.

Unabhängig vom Erfinder ist die Intention und Zielsetzung der Methode klar:

Es geht darum, Ziele konkreter und klarer zu machen und Menschen, meist Mitarbeitenden eines Unternehmens, einen methodischen Rahmen zu setzen, der ihnen die Zieldefintition erleichtert.

Mit SMART Zielen, es gibt auch die Weiterentwicklung SAMRTER (E = evaluiert, R = rezensiert), gelingt es auf jeden Fall, Ziele konkreter zu gestalten und vor allem auch zu definieren. Durch M = messbar ist es auch möglich und nötig, Kriterien zu definieren, anhand derer der Fortschritt gemessen und überprüft werden kann.

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Das Problem mit SMART-Zielen

Die Stärke der SMART-Ziele ist gleichzeitig auch ihre Schwäche, zumindest in vielen Teams mit denen ich arbeiten darf. Denn Messbarkeist ist nicht immer möglich oder gar nötig – zumindest nicht rein zahlenbasiert.

Arbeite ich beispielsweise mit Kommunikator:innen in der Sozialwirtschaft können wir gemeinsam SMART-Ziele, Kennzahlen und KPI (Key Performance Indicator) definieren und messen. Das gelingt jedoch nur, wenn wir dafür auch die nötigen Werkzeuge haben. Und genau hier kollidiert die Realität mit der Theorie und den Annahmen hinter der SMART-Methodik.

Diese setzt voraus, dass Forschritt und Entwicklung auf ein Ziel hin anhand von Zahlen gemessenen werden können. Im Ursprungsfeld der Methode, Wirtschaftsunternehmen im produzierenden Bereich und im Managementkontext, ist das auch der Fall.

Doch wenn ich die Wirkung von Kommunikation, sowohl in der Sozialwirtschaft als auch bei NGO, messen möchte, sind Zahlen entweder nicht allein aussagekräftig oder nur mit entsprechenden Werkzeugen zu erfassen.

Geht es beispielsweise darum, durch Kommunikationsmaßnahmen Aufmerksamkeit für ein Thema zu generieren, ist das problemlos messbar. Ein simpler Indikator: Wie oft wird im Netz oder in den Medien über das Thema gesprochen (Buzz).

Doch will ich wissen, ob sich die Diskussion in eine positive oder negative Richtung entwickelt, muss ich das Sentiment-Verhältnis, also das Verhältnis von positiven zu negativen Erwähnungen, messen.

Das ist zwar auch mit kostenlosen Tools, beispielsweise der Free Social Search von Talkwalker (eine Empfehlung, keine Werbung) möglich, doch nur punktuell und nicht fortlaufend. Für ein dauerhaftes Monitoring, also eine kontinuierliche Messung, brauche ich größere, kostenpflichtige Tools.

Und selbst wenn das Budget dafür vorhanden ist: Sentiment-Analysen sind heute nicht wirklich zuverlässig. Sarkasmus, Ironie oder Humor sind für unsere technischen Helfer:innen noch immer nicht gut erkennbar.

Dazu kommt: Auch die besten Werkzeuge geben keine Einblicke in WhatsApp- oder Signal-Gruppen oder andere geschlossene Kanäle.

Schauen wir uns SMART-Ziele für Themen an, die mit der Organiationskultur oder Haltung zu tun haben wird schnell klar: Wir können mit Näherungen arbeiten und uns über Indikatoren nähern, wirklich präzise messen können wir die Entwicklung jedoch nicht.

GUT: Die Methode und ihre Anwendung

Zu den genannten Problemen und Schwächen der SMART-Ziele kommt noch ein weitere Aspekt: Viele Mitarbeitende von Sozialen Organisationen, NGO oder Wohlfahrtsverbänden sind nicht unbedingt große Zahlen-Fans.

Aus eigener Erfahrung, ich bin studierter Sozialpädagoge, kann ich das bestätigen: Mathematik und Zahlen lösen bei mir keine Begeisterungsstürme aus.

Ist das eine anekdotische und subjektiv geprägte Einschätzung, die nicht auf Studien oder Statistiken basiert? Jepp, absolut. Ist die Grundlage dieser Aussage Praxiserfahrung mit und Feedback von zahlreichen Fachkräften in der Sozialen Arbeit und von NGO? Jepp, absolut.

Reicht Dir diese Grundlage, um GUT ernst zu nehmen und auszuprobieren? Das entscheidest Du. 🙂

Genug der Vorrede, wofür steht GUT? Genau, Umsetzbar, Terminiert. Sieht sehr ähnlich aus wie SMART, oder? Bei der praktischen Anwendung zeigen sich jedoch die Unterschiede.

Hinter jedem Buchstabend stehen zwei Fragen:

Da ich selbst Theorie eher so semi-spannend finde, nutze ich hier ein anonymisiertes Beispiel aus meiner Arbeit, um die GUT-Ziele zu erläutern.

GUT-Ziele für eine Haltungsänderung

Das Team aus Fachkräften von verschiedenen Trägern, Einrichtungen und Verbänden ist sich einig: Die träger- und einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit muss besser werden. Der Gruppe ist klar, dass sie nicht die ersten sind, die das fordern. In der Vergangenheit gab es immer wieder Prozesse, die die Kooperation fördern sollten.

Doch erstens begannen all diese Prozesse auf Leitungsebene – ein so genannten Top-down-Ansatz – und zweitens fokussierten sich alle auf formale Rahmenbedingungen und Kriterien. So wurden die Struktur der Fachgruppen verändert oder neue Besprechungsformate und Termine eingeführt, zu denen Führungskräfte aller Verbände eingeladen waren.

Die Intention war bei all diesen Aktionen gut, die Wirkung blieb jedoch aus. Kooperation entstand nicht wirklich. Das Team ist sich sicher, dass sie zuerst an der Haltung, sowohl der Führungskräfte als auch bei ihren Kolleg:innen und bei sich selbst, ansetzen müssen. Zu tief sitzen manche Vorurteile und Rivalitäten zwischen den Verbänden.

„Wir wollen und können die Organisationen nicht umkrempeln. Doch wenn wir es schaffen, dass wir offener aufeinander zugehen, nachfragen und verstehen wollen, wie die anderen arbeiten und was wir gemeinsam haben, haben wir viel erreicht.“ – so die selbst gesetzte Mission des Teams.

Darauf basierend definieren sie GUT-Ziele:

SMART-Ziele hätten in diesem Kontext keine große Akzeptanz bei den Beteiligten und würden den Fokus potenziell zu sehr auf Zahlen lenken. Da es hier jedoch um soziale, zwischenmenschliche und kulturelle Veränderungen geht, ist die zahlenbasierte Messbarkeit nicht entscheidend.

GUT-Ziele für die Kommunikation

Eine Soziale Einrichtung will im Blick auf die Bundestagswahl Jugendliche für Politik interessieren. Dafür haben sie Jugendliche gecastet, die als Peermultiplikator:innen fungieren und ihren Altersgenoss:innen aufzeigen, wie sich Politik direkt auf ihr Leben und ihren Alltag auswirkt.

Hier könnten SMART-Ziele definiert werden, in der Praxis zeigt sich jedoch, dass GUT-Ziele von den Beteiligten besser angenommen und vor allem als konkrete Orientierung und Leitplanken für ihre Kommuikationsarbeit genutzt werden.

Die GUT-Ziele lauten:

Natürlich könnten die bei „umsetzbar“ genannten Faktoren auch in ein klassisches SMART-Ziel gegossen werden. Die Zahl der inhaltlich qualifizierten Wortbeiträge in Diskussionen, die Zahl der aktiv Diskutierenden und die Zahl der autonom begonnen Diskussionen könnten erfasst und mit dem Einfluss der diskutierenden Person auf ihre Peergroup in Zusammenhang gebracht werden.

Diese Faktoren könnten gemessen werden. Ich stelle jedoch die These auf, dass auch die präziseste Erfassung und die ausgeklügelste Formel lediglich die Illusion guter Messbarkeit erwecken würde, ohne deutlich bessere Ergebnisse zu liefern.

Um die Wirkung wirklich einschätzen zu können, sind auch die Erfahrungen und die Kenntnisse der Peermultiplikator:innen über die sozialen Strukturen und Beziehungsebene der jungen Menschen relevant.

Was, wenn sich in einer Diskussion nur 20 Prozent der Angesprochenen aktiv beteiligen, es sich jedoch genau um die Personen handelt, die hohes soziales Ansehen genießen und damit die Meinung der Mitlesenden prägen? Wäre das eine bessere Wirkung als eine Diskussionen mit vielen, jedoch weniger einflussreichen Diskutierenden?

Genau diese sozialen und weichen Faktoren sind bei den oben beschriebenen GUT-Zielen mitgedacht. In der Praxis achten alle an der Kommunikation Beteiligten intuitiv darauf, auch weil ihr Fokus nicht zu sehr auf Zahlen gelenkt wird.

Machen wir es GUT und SMART – je nach Kontext

Eingangs schrieb ich, dass dieser Artikel für Menschen, die im Marketing oder im wirtschaftlichen Bereich oder in einer entsprechenden Rolle arbeiten, nicht interessant ist.

Dieser Hinweis deutet bereits an, dass ich GUT-Ziele nicht als generellen Ersatz von SMART-Zielen sehe. Ich nutze beide Methoden in meiner Arbeit – abhängig vom Kontext, Thema und den Menschen, mit denen ich arbeite.

Nachdem ich die GUT-Ziele mehrfach in der Praxis erproben konnte, ist der nächste Schritt, sie bei uns im Team einzuführen und zu schauen, bei welchen Themen wir selbst bei sozial-pr damit arbeiten können.

Überall dort, wo wir vertriebsunterstützend und mit Marketingfokus arbeiten, werden wir weiterhin SMART-Ziele definieren und KPI im Blick haben. Doch dort, wo es primär um kommunikative Wirkung geht, wo wir Haltungs- und Kulturveränderungen begleiten dürfen, werden wir auf GUT-Ziele setzen.

Jetzt bin ich auf Deine Meinung gespannt: Was hältst Du von den GUT-Zielen? Wo würdest Du sie statt SMART-Zielen einsetzen? Welche Schwächen siehst Du in der Methode? Schreib es gerne in die Kommentaren.

Ich freue mich auf den Austausch mit Dir. Lass es uns GUT machen und zusammen lernen – gerne auch von Deiner Erfahrung, beim praktischen Einsatz der GUT-Ziele.

Porträt Christian Müller

Christian Müller

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Christian unterstützt als Kommunikationsberater Soziale Einrichtungen, Bildungsträger, KMU und Start Ups auf dem Weg in die digitale Kommunikation. Mit seinen Kunden entwickelt er Kommunikationsstrategien, schult Mitarbeiter und hilft dabei, die nötige Kompetenz inhouse aufzubauen. Das Ziel: Die individuell wichtigen Menschen zu erreichen, Gespräche zu initiieren und tragfähige (Kunden) Beziehungen aufzubauen.

Kommentare zu diesem Artikel

Lars Richter  |   25. September 2021 um 09:24 Uhr

Hallo Christian!

Ich verstehe Deine Abneigung gegen SMART-Ziele vollkommen, da sie auch meiner Meinung nach nicht gut funktionieren.

Allerdings kann ich bei vielen Punkten in Deinem Artikel nicht mitgehen.

Zum einen schreibst Du, dass Euch oft die Werkzeuge fehlen, um bestimmte Dinge überhaupt messbar zu machen. Nun, dass allein macht die Messbarkeit von Zielen ja nicht sinnlos, sondern zeigt nur, dass Ihr es an vielen Stellen aktuell nicht könnt. Das ist im Übrigen auch kein besonderes Problem der Sozialen Arbeit, sondern geht sehr vielen Wirtschaftsunternehmen ganz genauso! Auch Wirtschaftsunternehmen haben in der Regel nicht die passenden Tools, um Messbarkeit herzustellen, auch dort fischt man im Trüben und auch dort fehlt es an Geld. Aber wie gesagt: Das macht Messbarkeit nicht überflüssig, sondern zeigt nur, dass man es aktuell nicht kann.

An vielen Stellen Deiner neuen Formel bist Du außerdem bereits auf dem richtigen Weg und führst Messbarkeitskriterien (durch die Hintertür?) wieder ein:

„Eine wachsende Zahl an organistionsübergreifenden Gesprächen und echter Verständnisfragen zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Die Anzahl „organisationsübergreifender Gespräche“ lässt sich ziemlich einfach messen. Wenn man Objectives Key Results verwendet, ließe sich eine simple Zahl definieren, die zeigen kann, ob man mit dem Ziel Erfolg hatte oder nicht.
Auch bei Deinem zweiten Beispiel, geht es darum „höhere Wahlbeteiligung der jungen Menschen erreichen“, was ebenfalls prinzipiell messbar ist. Auch die „Anzahl angestoßener Diskussionen“ ließe sich messen.

Messbarkeit ist für Ziele ein extrem wichtiger Faktor, der Transparenz und Einigkeit darüber erzeugt, ob man ein Ziel erreicht hat oder nicht. Oder ob sich ein Team auf dem richtigen Weg befindet und ihre Arbeit überhaupt einen Nutzen stiftet.

Ich glaube, dass Messbarkeit so oft „verteufelt“ wird, weil keine Idee darüber existiert, was man alles messen kann und wie man es messen kann. Das erlebe ich zumindest beinahe täglich in meiner Arbeit als OKR Master.

LIebe Grüße
Lars

Christian Müller  |   25. September 2021 um 12:43 Uhr

Hallo Lars,
danke für deinen Kommentar. Leider habe ich da Gefühl, dass du meine Aussage etwas falsch verstanden hast. An keiner Stelle spreche ich mich gegen Messbarkeit aus. Ich weise nur daraufhin, dass eine Messbarkeit, die rein auf Zahlen basiert, in den genannten Beispielen zu kurz greift.

Klar ist die Anzahl übergreifende Gespräche als Zahl, steckt ja schon im Wort, abbildbar. Bliebe es jedoch dabei, ginge der Inhalt und die Qualität der Gespräche komplett verloren – und das würde der Sache nicht gerecht.

Und was das Beispiel mit den jungen Menschen angeht: Die höhere Wahlbeteiligung ist das Ziel, das am Ende des Prozesses steht. Davor geht es ja darum, woran wir im Prozess festmachen können, ob wir dem Ziel näher kommen. Und da wird Messbarkeit schwieriger :).

Für die fehlenden Tools gilt: Ich sage nicht, dass Messbarkeit das Problem ist. Lediglich, dass in der Praxis aufgrund der fehlenden Tools manchmal andere Wege der Wirkungsmessung nötig sind. Und als Hinweis (auch wenn du das vermutlich weißt): Die besten Tools können viele wichtige soziale und zwischenmenschlichen Faktoren nicht messen und nicht in geschlossene Kanäle hineinschauen.

OKR nutze ich übrigens in Kombination mit Kanban und Bullet Journal. Schöne Methode. 🙂

Viele Grüße,
Christian

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