Fokusredaktionsplan: Mit Struktur zu mehr kreativer Freiheit in der Kommunikation

Person schreibt mit einem Kugelschreiber in einen offenen Terminplaner auf einem Holztisch. Der Planer ist auf zwei Seiten für die Daten 28 und 29 eingeteilt und enthält farbige Haftnotizen und handschriftliche Notizen zu Terminen und Aufgaben, wie 'Meditation', 'Wöchentliches Team-Meeting' und 'Zahnarzttermin'. Neben dem Terminplaner liegen eine Brille und ein Taschenrechner.

Beim Thema Redaktionsplan treffe ich seit Jahren auf drei unterschiedliche Haltungen. Die einen halten einen durchstrukturierten und detaillierten Redaktionsplan für unerlässlich. Sie sprechen allen, die ohne klaren Plan arbeiten, im Grunde die Professionalität ab.

Andere sehen den Sinn und Nutzen eines Redaktionsplanes, versuchen sich an der detaillierten Planung – und scheitern dann an der Realität. Sie würden gerne komplett strukturiert und nach Plan arbeiten, müssen aber immer wieder auf Events und kurzfristige Anforderungen und Themen reagieren, die ihnen aus ihrer Organisation zugetragen werden.

Die dritte Haltung lautet in Kurzfassung: Redaktionspläne überleben, wie alle Pläne, den Kontakt mit der Realität ohnehin nicht, also brauchen wir auch keinen. Wer diese Haltung vertritt, verlässt sich meist auf ihre oder seine Intuition und will sich in ihrer oder seine Kreativität nicht einschränken lassen.

Alle drei Haltungen sorgen für eine, aus meiner Sicht fehlgeleitete, Ganz-oder-gar-nicht-Haltung. Entweder hat jemand einen detaillierten Redaktionsplan oder es gibt gar keinen.

Die Praxis ist meiner Erfahrung nach deutlich nuancierter. Das ist einer von drei Gründen, die mich zur Entwicklung des Fokusredaktionsplanes veranlasst haben.

Wozu ein Redaktionsplan?

Doch bevor ich auf den Fokusredaktionsplan eingehe, will ich erst noch die beiden anderen Gründe für die Entwicklung des Konzepts erläutern.

Der erste ist simpel: Ich bin grundsätzlich vom Nutzen eines Redaktionsplanes überzeugt.

Gerade im Bereich der Unternehmenskommunikation, das umfasst auch die Kommunikation für soziale Einrichtungen, Verbände und NGO, sind Struktur und Planung wichtig. Dafür gibt es mindestes drei gute Gründe:

  1. Organisationen haben in der Regel einige Termine, Events oder Schwerpunkte im Lauf eines Jahres, die kommunikativ rechtzeitig vorbereitet, begleitet und dokumentiert werden müssen.
  2. Je größer und komplexer eine Organisation wird, desto mehr Anforderungen, Themenwünsche, Erwartungen und Begehrlichkeiten werden an die Kommunikation gerichtet. Ein Redaktionsplan, in Verbindung mit einer klaren strategischen Themenplanung, ist oft der einzige Weg, diese Vielfalt zu organisieren.
  3. Der Prozess der Redaktionsplanung an sich sorgt dafür, dass alle Beteiligten die strategisch definierten Ziele vor Augen haben und diese berücksichtigen. Außerdem werden Themen und Inhalte im Rahmen der Redaktionsplanung auch priorisiert und strukturiert. Redaktionsplanung ist also auch ein wichtiger Reflexionsprozess für Kommunikator*innen und Teams.

Auch wenn ich es in Punkt zwei erwähnt habe, wiederhole ich es hier bewusst: Redaktionsplanung kann nur gelingen, wenn es eine klare strategische Themenplanung gibt.

Die geschätzte Kollegin Marie-Christin Schindler bringt es in der Überschrift ihres lesenswerten Interviews mit Thomas Mickeleit, ehemals Director of Communications bei Microsoft Deutschland, hervorragend auf den Punkt:

“Strategisches Themenmanagement ist die Lizenz zum Nein sagen”

Marie-Christine Schindler, mcschindler.com

Klar, strategisches Themenmanagement umfasst noch mehr als die strategische Themenplanung. Doch das Prinzip bleibt: Ohne eine klare Basis für ein begründetes “Nein” kann eine Redaktionsplanung nicht gelingen.

Struktur schafft kreativen Freiraum

Der zweite Grund für die Entwicklung des Fokusredaktionsplanes liegt in mir und meiner Art zu denken und kreativ zu sein. Ich bin von Haus aus recht chaotisch veranlagt und eher mit einem Eichhörnchen Hirn ausgestattet.

Neue Ideen und Projekte lenken mich also genau so schnell und leicht ab, wie Haselnüsse ein Eichhörnchen. Ohne Struktur würde ich all meinen Ideen und Impulsen nachgehen, viel neues beginnen – und nichts fertig machen oder veröffentlichen.

Längst nicht alle Kommunikator*innen oder Teams, denen ich im Lauf der Jahre den Fokusredaktionsplan vorstellen durfte, sind so veranlagt. Da die meisten von ihnen jedoch in komplexeren sozialen Einrichtungen, Wohlfahrtsverbänden oder NGO arbeiten, kennen sie das Problem dennoch.

Denn sie selbst können noch so strukturiert und fokussiert sein: Die Anforderungen, Themen und Ideen der Organisation sind es nicht.

Auch ein Tag, der klar strukturiert und geplant beginnt, kann schneller zu einer Reihe spontaner Reaktionen und Arbeiten auf Zuruf werden. Trotz Plänen und Regeln kommen Führungskräfte, Einrichtungen, Abteilungen oder externe Akteur:innen viel zu oft mit spontanen Anfragen, vergessenen Deadlines oder “ganz dringenden” Themen auf Kommunikator*innen zu.

Ein zu detaillierter Plan wird in solchen Situationen zerfallen und nutzlos sein. Doch eine gewissen Rahmenstruktur, in der die wichtigsten Beiträge rechtzeitig vorbereitet wurden und nicht in der Hektik des Augenblicks geschrieben werden müssen, schafft Sicherheit und kreativen Freiraum.

Und wenn es ruhig ist und kein Zeitdruck herrscht? Dann gibt mir die Struktur des Fokusredaktionsplans die Freiheit, kreativ zu werden, ohne mich zu verlieren. Denn ich weiß genau, welche Themen anstehen und worum sich mein kreatives Schaffen drehen wird.

So funktioniert der Fokusredaktionsplan

Promotionales Bild für Content-Planung mit dem Titel 'CONTENT PLANUNG MAL ANDERS'. Untertitel: 'Beispiel: Fokusredaktionsplan'. Eine runde Bildaussparung zeigt Steffi Kowalski nachdenklich blickend. Darunter steht 'Steffi Kowalski' und die Webseite 'www.stephaniekowalski.de'. Das Design ist in hellblau mit dunkelblauen und grünen Akzenten gehalten.
Stephanie hat das Konzept des Fokusredaktionsplanes auf LinkedIn sehr gut zusammengefasst.

Der Fokusredaktionsplan entstand also aus drei Erkenntnissen:

  1. Die Praxis ist nuanciert und komplex. Eine Ganz-oder-gar-nicht-Haltung in Sachen Redaktionsplanung hilft niemand weiter.
  2. Redaktionspläne sind grundsätzlich nützlich. Sie helfen, gerade bei komplexen Themen und Organisationen, Struktur und Ordnung zu schaffen.
  3. Eine Rahmenstruktur schafft Freiraum für kreatives Schaffen und Denken. Zu detaillierte und enge Pläne können Kreativität jedoch einschränken.

Tatsächlich habe ich viele Jahre mit einem Fokusredaktionsplan gearbeitet, bevor ich auf die Idee kam, das Ganze in ein Konzept zu gießen und ihm einen Namen zu geben.

Wie viele praxisorientierte und aus der Praxis heraus entstandende Konzepte klingt auch der Fokusredaktionsplan simpel. Hier sind die drei Schritte für die Entwicklung Deines eigenen Fokusredaktionsplanes:

  1. Definiere für das kommende Jahr alle bereits feststehenden kommunikativen Fixpunkte. Diese bestehen aus Events, Terminen und Themen, die einerseits für die Organisation strategisch wichtig sind und andererseits in der Kommunikation auf jeden Fall adressiert werden müssen.
  2. Wenn diese Fixpunkte gesetzt und kommunikativ geplant sind – also mit ausreichend Vorlauf und Puffer – ziehst Du Deine strategischen Themen heran. Dafür nutzt Du Erfahrungsdaten, die Statistiken der organisationseigenen Online-Präsenzen, und Suchvolumina im Zeitverlauf, wie sie beispielsweise Google Trends in Verhältnissen liefert. Gekoppelt mit den Organisations- und Unternehmenszielen planst Du jetzt die strategischen Themenbögen für das Jahr.
  3. Innerhalb der Themenbögen definierst Du thematische Fixpunkte, die kommunikativ gesetzt und, wenn keine Krise dazwischen kommt, auf jeden Fall mit gut vorbereiteten Inhalten gefüllt werden. Ein Themenbogen ist übrigens ein Zeitraum von 6 bis 16 Wochen, der primär einen strategsichen Fokusthema gewidmet ist.

Wenn Du diese drei Schritte konsequent und detailliert durchlaufen hast, hast Du Deinen Fokusredaktionsplan vor Dir. In ihm sind klare kommunikative Fixpunkte, die alle direkt mit strategischen Zielen und Themen der Organisation zusammenhängen, definiert. Er lässt jedoch auch genug Freiraum  um spontan oder kurzfristig auf weitere Themen oder Ereignisse zu reagieren.

Häufig gestellte Fragen zum Fokusredaktionsplan

Wenn ich dieses Konzept mit Kommunikator*innen und Teams in den letzten Jahren bearbeitet habe, kamen einige Fragen immer wieder auf. Daher beantworte ich die am häufigsten gestellten Fragen am besten direkt:

  • Was ist, wenn mein Fokusredaktionsplan nach den drei Schritten bereits voll ist? – Dann hast Du, auch wenn das hart klingt, keine Prioritäten gesetzt und Deine Ziele und/oder strategische Themenplanung ist nicht so klar und strategisch, die Du dachtest. Wenn alles gleich wichtig ist, ist nichts wichtig. Ziele und strategische Themenplanung dienen dem begründeten Nein-Sagen, dem Fokus auf die wirklich wichtigen Themen. Sind die klar, kann Dein Fokusredaktionsplan nicht voll sin.
  • Kann ich Themenbögen kürzer fassen? 6 Wochen klingen arg lang. – In der Regel lautet meine Antwort hier nein. Der Grund: Es gibt sehr wenige strategische Themen, die Betonung liegt auf strategisch, die in weniger als 6 Wochen wirklich gut und wirksam kommuniziert werden können. Vergiss bitte nicht: Relevante und informative Inhalte zu erstelle nudn zu publizieren ist nur ein Teil der Kommunikation. Der mindestens genau so wichtige Teil besteht aus Distribution, Community Pflege und Beziehungsarbeit. Das braucht alles Zeit.
  • Mit welchem Tool erstelle ich meinen Fokusredaktionsplan am besten? – Nimm was Du hast und was für Dich funktioniert. Ich kenne Teams, bei denen ihr Fokusredaktionsplan als analoges Whiteboard mit Klebezetteln im Kanban-Stil an der Wand des Büros hängt. Andere nutzen Trello, den Microsoft Planner oder MeisterTask dafür. Wieder anderen haben einen eigenen Google oder Outlook Kalender und manchen pflegen ihn im Social Media Tool ihrer Wahl, beispielsweise swat.io oder scompler. Das Tool ist völlig egal, es muss “nur” für Dich und Dein Team funktionieren.
  • Was mache ich denn, wenn ich mal nur die Inhalte für die Fixpunkte habe und sonst Flaute herrscht? – Dann nimmst Du den Namen des Fokusredakationsplanes ernst und fokussierst Dich auf die Inhalte der Fixpunkte. Umgekehrt gilt: Wenn Du zu viele Anfragen und Begehrlichkeiten aus der Organisation bekommst, kannst Du Themen begrüdnet ablehnen, wenn sie die bereits geplanten Fixpunkt verdrängen oder überlagen würden.

Du hast eine Frage, die ich hier nicht beantwortet habe? Dann stell sie mir gerne in den Kommentaren oder per Mail und ich baue Frage und Antwort hier im Artikel ein.

So startest Du Deinen Fokusredaktionsplan

So simpel das Konzept auf dem Papier oder Bildschirm auch aussieht, es muss dennoch umgesetzt werden. Oft ist dabei der erste Schritt der schwerste.

Daher habe ich zum Abschluss fünf Schritte für Dich, mit denen Du direkt in die Entwicklung Deines Fokusredaktionsplanes starten kannst. Die Reihenfolge kannst und solltest Du nach Deinen Bedürfnissen anpassen und auch nur die Schritte angehen, die für Dich relevant sind.

  1. Evaluiere Deinen aktuellen Redaktionsplan, falls vorhanden, und schaue, was bisher funktioniert hat und was nicht. Wenn Du ihn weiter nutzen willst: Entferne alle geplanten Themen, die keine kommunikativen Fixpunkt sind und ergänze dann alle noch fehlenden Fixpunkte.
  2. Schau Dir die strategischen Ziele der Organisation an, von denen Deine Kommunikationsziele abgeleitet sind. Stell sicher, dass Deine Ziele und die mit ihnen verbundenen Erwartungen klar sind. Ist das nicht der Fall, führe die Gespräche, die Du brauchst, um Klarheit zu schaffen.
  3. Erstelle eine Liste aller kommunkativen Fixpunkte des Jahres und stimme diese mit Kolleg*innen und Führungsebene ab. Stell sicher, dass alle relevanten Personen mit den Fixpunkten einverstanden sind und diese mittragen.
  4. Evaluiere Deine strategische Themenplanung und aktualisiere sie bei Bedarf. Prüfe vor allem, gerne sehr kritisch, ob die Themen richtig priorisiert sind und Du wirklich auf die wichtigsten fokussiert bist.
  5. Setze Dich mit Deinen Kolleg*innen zusammen und gehe die drei Schritte des Fokusredaktionsplanes durch. Wenn Du allein für die Komunikation zuständig bist, hol Dir Kolleg*innen dazu, die für strategische Themen und/oder Fixpunkt inhaltlich verantwortlich sind.

Ein abschließender Tipp: Geh Deinen Fokusredaktionsplan pragmatisch und praxisorientiert an. Es handelt sich nicht um einen einmal erstellten und dann in Stein gemeißelten Plan. Dein Fokusredaktionsplan soll und muss leben und sich anpassen. Du musst also zum Start nicht perfekt sein, denn Du wirst ohnehin nachsteuern und ihn kontinuierlich weiterentwickeln.

So etwas wie einen fertigen Fokusredaktionsplan gibt es nicht. Er wächst mit Dir und Deiner Kommunikation. Viel Freude und Erfolg Dir dabei!

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